Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1883. (24)

420 Uebersicht der polilischen Eulwichelung des Jahres 1883. 
Land zurück, wo er demonstrativ empfangen und gefeiert wurde: 
der spanische Stolz war durch die Ungezogenheit der Pariser tief 
und in den weitesten Kreisen verletzt worden. Eine angemessene 
Genugthuung war nicht zu erzielen und unterblieb schließlich ganz. 
Ter deut, Dafür gewährte ihm eine solche Deutschland, indem der Kaiser dem 
sche Kron-König Anfangs November den, unter diesen Umständen allerdings 
Panten demonstrativen, Besuch des Kronprinzen ankündigte. Dieser ging 
schon Mitte November mit großem Gefolge und von einer statt- 
lichen Eskadre begleitet, die Reise durch Frankreich vermeidend, über 
Genua und Valencia dahin ab. Sein Empfang in Madrid war 
überaus herzlich und es erfolgte während seiner Anwesenheit in 
Spanien, die sich bis Mitte Degember ausdehnte, auch nicht der 
mindeste unangenehme Zwischenfall, wie die Frangosen gewünscht, 
gehofft und prophezeit hatten. Im Gegenteil eroberte der deutsche 
Kronprinz durch seine stattliche Erscheinung wie durch sein liebens- 
würdiges Benehmen rasch die Achtung und Zuneigung der Spanier. 
Die ganze Demonstration erwies sich als eine vollständig gelungene. 
Von einem förmlichen Bündnis zwischen Spanien und Deutschland 
war freilich keine Rede und konnte keine sein. Aber eine An- 
näherung und Befreundung zwischen beiden war es und blieb es 
doch. Frankreich mußte sich darein fügen, sich auch von dieser Seite 
her mehr oder weniger isoliert zu sehen. 
Die Es lohnt sich der Mühe, bei diesen europäischen Friedens- 
*m bündnissen noch einen Augenblick zu verweilen. Der Unterschied der- 
selben von den Bündnissen früherer Zeiten und damit der Unter- 
schied der neuen vom deutschen Neichskanzler inangurierten Politik 
von der Art und Weise, wie Frankreich seine Vorherrschaft in 
Europa verstanden und ausgeübt hat, springt in die Augen. Die 
Bündnisse Deutschlands mit Oesterreich= Ungarn und dann wieder 
mit Italien hatten als nächsten Zweck, die Aufrechthaltung des 
Friedens in einer ganz bestimmten Nichtung zu sichern, in erster 
Linie gegen Frankreich, eventuell und in zweiter Linie auch gegen 
Rußland. Dieselben wurden, wie man weiß, in beslimmten Ver- 
trägen, Protokollen oder wie man es nennen mag, niedergelegt; der 
Wortlaut derselben ist jedoch nicht bekannt geworden. Auch der 
Beitritt Serbiens und Rumäniens hatte zunächst bestimmte Be- 
ziehungen im Auge, dort den Schutz gegen gewisse radikale und 
panflavistische Aspirationen, hier die zwischen Oesterreich und Nu- 
mänien schwebende heikle Donaufrage; von irgend welchen darüber 
den 
bunnse
	        
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