Nebersicht die polilischen Enlwickelung des Jahres 1883. 445
der Slovenen, dort durch den Statthalter Kraus und die ihren
Winken folgende Majorität der Großgrundbesitzer, hier durch den
Landespräsidenten Winkler. In Böhmen errangen die Czechen die
Zweidriltel-Majorität im Landtage, aber doch nicht die Dreiviertel-
Mehrheit, deren sie für gewisse Dinge verfassungsmäßig bedürfen,
um völlig Meisler zu sein und die Deutschen völlig an die Wand
drücken zu können. Darum sind sie auch mit der errungenen Mehr-
heit nicht zufrieden, so wenig als mit der czechischen Universität, der
Verdrängung und Bedrückung der Deutschen in Sprache und Amt oder
der sogen. Transversalbahn, und verlangten sofort kategorisch eine
Wahlreform, die ihnen auch noch die Dreiviertel-Mehrheit beschaffen
soll, die sie indes vorerst gegen den Widerstand der geschlossenen
Deutschen nicht durchgusetzen vermochten. In Krain unterlagen die
Deutschen bei den Landtagswahlen in allen Städte= und Landwahl-
kreisen, einen eingigen ausgenommen, und können sich nur noch
auf die Vertreter des Großgrundbesitzes stützen, die zwar sämtlich
Deutsche, aber unter sich nicht einig sind und deren Mehrheit zu
bedenklichen Kompromissen nicht ungeneigt scheint. In beiden Kron-
ländern sind die Deutschen nach dem Sinne der Czechen und Slo-
venen im Grunde nur noch ungern Geduldete, mehr nicht. In den
übrigen sprachlich gemischten Kronländern ging der Kampf zwischen
Slaven und Deutschen fort wie bisher, wobei es jene wenigstens
an Rührigkeit nirgends fehlen ließen. In Galizien ist das deutsche
Element längst fast gang ausgemerzt; bei der Neuwahl des Land-
tags gelang es aber den Polen, die Ruthenen fast um jede Ver-
tretung zu bringen und auch die bäuerlich-polnischen Elemente
auszuschließen, so daß der niedere und hohe Adel dort wieder
ausschließlich am Ruder ist. Die galizischen Polen haben — ab-
gesehen von ihren Träumen betreffend die Wiederherstellung eines
Königreichs Polen in seinen alten Grenzen — im Grunde nicht mehr
viel zu fordern, da sie bereits alles erlangt haben, was sie nur
wünschten, aber sie haben doch noch eine Forderung erhoben, welche
das Deutschtum in Oesterreich schwer bedroht: die Dezentralisierung
des Eisenbahnwesens und eine Polonisierung desselben für Galizien,
dem natürlich eine Czechisierung für Böhmen u. s. w. auf dem Fuße
folgen würde. Wien, das darin ein Mittel erblickt, es nach und
nach bei fortschreitender Slavisierung und Föderalisierung des
Reichs aus der Stellung der Reichshauptstadt in die einer bloßen
Provinzialstadt herabzudrücken, remonstrierte eifrig gegen den Plan;