Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

78 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 27--28.) 
Protektion stehende kaufmännische Souveränetät erwerben, zu schützen in ihrer 
freien Entwicktung sowohl gegen die Angriffe aus der unmittelbaren Nach- 
barschaft, als auch gegen Bedrückung und Schädigung von seiten anderer 
europäischen Mächte. Im übrigen hoffen wir, daß der Baum durch die 
Thätigkeit der Gärtner, die ihn pflanzen, auch im ganzen gedeihen wird, und 
wenn er es nicht thut, so ist die Pflanze eine verfehlte, und es trifft der 
Schade weniger das Reich, denn die Kosten sind nicht bedeutend, die wir 
verlangen, sondern die Unternehmer, die sich in ihren Unternehmungen ver- 
griffen haben. Das ist der Unterschied: bei dem System, welches ich das 
französische nannte, will die Staatsregierung jedesmal beurteilen, ob das 
Unternehmen ein richtiges ist und ein Gedeihen in Aussicht stellt; bei unserm 
System überlassen wir dem Handel, dem Privatmann die Wahl, und wenn 
wir sehen, daß der Baum Wurzel schlägt, anwächst und gedeiht und den 
Schutz des Reiches anruft, so stehen wir ihm bei; und ich sehe auch nicht 
ein, wie wir ihm das rechtmäßig versagen können. Ich bedaure, daß mein 
Gesundheitszustand im Augenblick mir nicht gestattet, meinen Auslassungen 
die Ausdehnung zu geben, die der Wichtigkeilt der Sache und meinen eigenen 
Wünschen entspricht; ich befinde mich aber leider in den letzten Tagen nicht 
so wie ich es im Interesse der Geschäfte wünschen möchte, und deswegen 
bitte ich, meine Mitteilungen, soweit ich sie gegeben habe, mit Nachsicht auf- 
zunehmen. Ich kann meinen Wunsch nicht widerholen, daß jetzt noch Dinge 
beschlossen werden möchten; es würde auch zu nichts führen; den Beschluß, 
jetzt nichts zu beschließen, welchen die Vertreter Ihrer Fraktion ausdrücklich 
kundgegeben haben, konnte ich schon aus der diktatorischen Art der Kommissions- 
 verhandlungen entnehmen. Wenn man dort gleich einen Aufschub von 
8 Tagen zuerst in Aussicht nahm und dann wieder einen von 8 Tagen be- 
antragte, und dann, anstatt am Dienstag die Beratung fortzusetzen, sie auf 
Freitag verschob — nun, m. H., ich bin Diplomat genug, um diese Sprache 
zu verstehen. (Heiterkeit) Es heißt also: Sie wollen in dieser Session die 
Vorlage nicht weiter beraten, und ich muß mir daher vorbehalten, wenn ich 
es erlebe und im Amte bin, sie in der nächsten Session wieder vorzubringen. 
Ich nehme also nicht für immer von dieser Vorlage Abschied, sondern ich 
sage: Auf Wiedersehen.“ 
27. Juni. (Deutsches Reich.) Reichstag: 3. Lesung des 
Unfallversicherungsgesetzes. Dasselbe wird mit einigen nicht allzu 
tiefgreifenden Modifikationen nach den Beschlüssen der 2. Lesung an- 
genommen und demselben eine von Windthorst beantragte Resolution 
beigefügt, der Bundesrat möge erwägen, auf welche Weise die durch 
dieses Gesetz geschädigten Beamten der Privatversicherungsgesellschaften 
zu entschädigen seien. Die Nationalliberalen stimmen geschlossen für 
das Gesetz, obgleich ihre Anträge von der konserv.-ultram. Koalition 
verworfen worden sind, was den Unmut Eug. Richters erregt. 
27. Juni. (Deutsches Reich und Preußen.) Die Prov.- 
Korr. erklärt ihr bevorstehendes Eingehen. Die offiziöse Presse soll 
auf neuen Grundlagen organisiert werden. 
28. Juni. (Deutsches Reich.) Reichstag: genehmigt den 
Militärrelikten- und den Aktien-Gesetzentwurf in 3. Lesung, letzteren
	        
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