112 Das deutsche Reich und Seine einzelnen Glieder. (Ende Okt. — Nov. 4.)
Mitteilung des Dr. Crysander an die Bergeforder Ztg. folgender-
maßen reproduziert:
„Ich möchte nur wissen, wer denn die Selbständigkeit Hamburgs
als unabhängigen Teil des Reiches eigentlich antasten soll? Da Reich doch
gewiß nicht, denn diesem ist an einer selbständigen Stellung der Seehandels-
städte, besonders Hamburgs, gerade am meisten gelegen. Schade, daß wir
nicht noch mehr davon haben, sechs solche freie Städte im Bunde würden
ein Segen sein. Wenn nun die vorhandenen gar noch aufhörten, so bliebe
nichts nach, als die größeren Preußen, Bayern u. s. w. und da würden die
Bundesratsverhandlungen erst recht schwierig werden.“ Der Fürst setzte dieses
noch im einzelnen weiter auseinander und schloß mil den nachdrücklich be-
tonten Worten: „Die kleineren Staaten im Bunde sind der Mörtel für die
übrigen.“
— Okt. (Deutsches Reich.) Die nunmehr fertig gestell-
ten Pläne und Kostenanschläge für die Erbauung des Nordostsee-
kanals beziffern die letzteren auf 117 Mill. M. Dieselben werden
indeß für etwas zu niedrig erachtet und sollen vielmehr auf 121½
Mill. M. gestellt und eine Bauzeit von 5 Jahren vorausgesehen
werden.
Anf. Nov. (Deutsches Reich.) Die Blätter wollen bereits
wissen, daß das Budget des Reichs für 1885,86, welches dem neuen
Reichstag in den nächsten Wochen schon vorgelegt werden soll, ein
Defizit von nicht weniger als 32 Mill. M. ausweisen werde, teils
weil der Etat von 1883,84 nicht wie das Vorjahr einen Überschuß
ergeben hat, teils in Folge von Mindereinnahmen. Dieses Defizit,
das hauptsächlich der jetzigen Form der Rübensteuer zur Last fällt,
muß entweder durch Erhöhung der Matrikularbeiträge oder durch
neue Steuern und Zölle gedeckt werden.
3. Nov. (Preußen.) Die Vorlage betreffend die überseeischen
Abteilungen des Staatsrats nach vierstündiger Verhandlung, in
welcher der Reichskanzler mehrmals das Wort nimmt, einstimmig
zur Einbringung bei dem Bundesrat und dem Reichstag empfohlen.
Auf Vorschlag des Staatsministers v. Bötticher wird Dr. Migquel
um Erstattung eines schriftlichen Berichts an das Plenum ersucht.
4. Nov. (Deutsches Reich.) Die deutsche Regierung setzt
die Eröffnung der Kongo-Konferenz nunmehr auf den 15. Nov.
fest und benachrichtigt davon die Mächte.
4. Nov. (Braunschweig.) Der Thronprätendent Herzog
von Cumberland richtet ein neues Zirkularschreiben an sämmttliche
deutsche Fürsten mit Ausnahme des Kaisers und Königs von
Preußen: