Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

114 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Nov. 9—10.) 
eine Übereinkunft abgeschlossen und unterzeichnet. Deutschland ist 
dadurch die erste europ. Großmacht, welche, nach den Vereinigten 
Staaten Nordamerikas, die Gesellschaft förmlich anerkennt. 
Die Übereinkunft enthält sieben Artikel. Durch den ersten verpflichtet 
sich die Gesellschaft, keinen Einfuhrzoll von Artikeln oder Waren zu erheben, 
die unmittelbar oder im Durchgangeverkehr in ihre gegenwärtigen oder künf- 
tigen Besitzungen im Kongo- oder Riadi-Kwilu-Becken oder am Atlantischen 
Ozean eingeführt werden. Diese Zolltreiheit findet namentlich auch Anwen- 
dung auf die bei den Wasserfällen des Kongo angelegten Verkehrsstraßen. 
Art. 2 gewährt den deutschen Unterthanen das Recht des Aufenthalts und 
der Niederlassung auf den Gebieten der Gesellschaft; sie sollen wegen des 
Schutzes ihrer Personen und Güter, Ausübung des Kultus und sonstiger 
Rechte wie die der meistbegünstigten andern Nationen behandelt werden. 
Insbesondere haben sie das Recht, Landbesitz und Gebäude auf dem Gebiet 
der Gesellschaft zu kaufen und daselbst Handel zu treiben. Art. 3 bestimmt, 
daß die den Unterthanen einer andern Nation gewährten Vorteile stets so- 
gleich auch deutschen Unterthanen zukommen. Nach Art. 4 sollen bei einer 
Gebietsabtretung der Gesellschaft die gegen Deutschlaud übernommenen Ver- 
pflichtungen au den neuen Erwerber übergehen. Durch Art. 5 erkennt das 
deutsche Reich die Flagge der Gesellschaft, eine blaue Fahne mit einem gold- 
nen Stern in der Mitte, als diejenige eines befreundeten Staates. Art. 6 
bestimmt, daß das deutsche Reich bereit ist, die Grenzen des Gebietes der Ge- 
sellschaft und des neu zu schaffenden Staates, wie sie auf der beigegebenen 
Karte angezeigt sind, anzuerkennen. Nach Art. 7 soll das Übereinkommen in 
kürzester Frist ratifiziert werden und gleich nach dem Austausch der Ratifi- 
kationen in Kraft treten. 
9. Nov. (Deutsches Reich.) Bundesrat: es geht demselben 
ein Nachtrag zum Reichsetat von 1884,85 zu im Betrage von 
180,000 M. der zum Bau eines Küstendampfers und einer Dampf- 
barkasse für den Gonverneur im Gebiete von Kamerun bestimmt 
ist und von den einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Be- 
völkerung aufgebracht werden soll. 
9. Nov. (Deutsches Reich.) Auf den zwar nur privatim, 
aber doch direkt geäußerten Wunsch der deutschen Regierung wird auch 
Stanley an der in Berlin bevorstehenden internationalen Kongo- 
Konferenz teilnehmen und zwar nicht als bloßer „Sachverständiger“, 
sondern in der Eigenschaft eines Bevollmächtigten der Verein. Staaten. 
10. Nov. (Deutsches Reich.) Der preußische Staatsrat 
berät über die Ausdehnung des Unfallgesetzes. Die Aufnahme der 
Transportunternehmungen in den Rahmen des Gesetzes erfolgt mit 
verhältnismäßiger Leichtigkeit; dagegen gestaltet sich das Verhältnis 
gegenüber der Land- und Forstwirtschaft verwickelter und schwieriger, 
als man bisher vielfach gedacht hatte. 
10. Nov. (Braunschweig.) Ein etwas sonderbares An- 
erbieten des Herzogs von Cambridge, die Regentschaft von Braun-
	        
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