Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Nov. 12—15.) 115
schweig für den ältesten Sohn des Herzogs von Cumberland zu
führen, dabei aber seinen Wohnsitz in England zu behalten, wird
in Berlin selbstverständlich abgelehnt.
12. Nov. (Bayern.) Dr. Rittler wird zum Rektor des
Lyceums in Regensburg ernannt, wie man meint, als Belohnung
für sein Referat über den Kultusetat im vorigen Landtage. Jeden-
falls ist seine Carriere eine ungewöhnlich rasche.
13. Nov. (Deutsches Reich.) Der Afrika-Reisende Einwald
erwirbt die St. Lucia-Bai nebst 100,000 Acres Land vom Zulukönig
Dinizulu für das Haus Lüderitz in Bremen und Angra Pequenna.
Die Erwerbung wäre eine überaus wertvolle; allein England machl
angeblich ältere Ansprüche geltend, über welche Deutschland sich vor-
her mit ihm auseinandersetzen muß.
14. Nov. (Deutsches Reich.) Die Nordd. Allg. Ztg. ver-
öffentlicht den Budgetentwurf für 1885.86, wie er dem bevorstehen-
den Reichstage vorgelegt werden soll. Das Defizit erscheint darin
noch erheblich größer, als bisher verlautet hatte, mit 42,2.11,118 M.
Die Regierung hat die Feststellung oder doch Veröffentlichung des
Budgets offenbar verzögert, um der Opposition bei den allgemeinen
Reichstagswahlen nicht ein neues Agitationsmittel in die Hände
zu geben.
14. Nov. (Deutsches Reich.) Die Regierung sieht sich
veranlaßt, die Eisenbahnfreikarten für die Reichstagsabgeordneten,
mit denen bisher ein arger Mißbrauch getrieben wurde, einer sehr
wesentlichen Beschränkung zu unterziehen. Der „Reichsanzeiger“
meldet darüber in seinem nicht-amtlichen Teile:
Die Freifahrtkarten der Reichstagsabgeordneten werden für die neue
Session derart ausgestellt, daß sie den Inhabern freie Fahrt auf in den
Karten bezeichneten, den Verkehr zwischen Berlin und dem Wohnort der In-
haber vermittelnden Eisenbahnstrecken gewähren. Demzufolge erhalten die-
jenigen Abgeordneten keine Karte, welche in Berlin oder in solcher Nähe
Berlins wohnen, daß die Benützung der Eisenbahn für den Verkehr zwischen
beiden Orten ausgeschlossen ist.
15. Nov. Kongo-Konferenz: Eröffnung derselben in Berlin.
Es haben sich die Bevollmächtigten von 14 Mächten dazu ein-
gefunden, nämlich: Deutschland, Osterreich-Ungarn, Rußland, Türkei,
Italien, Spanien, Portugal, Frankreich, England, Schweden, Däne-
mark, Verein. Staaten Nordamerikas, Holland und Belgien. Die
Verhandlungen der Konferenz sind nicht öffentlich. Die „Köln. Ztg.“
ist indeß in den Stand gesetzt, über die Sitzung folgendes zu ver-
öffentlichen:
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