Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

XVI Allgemeine Chronik. 
27. März. [Deutsches Reich: Preußen.] Die Regierung hebt das sog. Sperr- 
gesetz auch für die Erzdiözese Köln auf, weigert sich aber, in Ant- 
wort auf eine Interpellation der Polen, entschieden, die Maßregel 
auch auf Posen auszudehnen. 
,, „ [Frankreich.] Kammer: Neue Debatte über Madagaskar. Sozusagen 
die ganze Kammer ist für die Eroberung der Insel, auch die Rechte, 
um sie den englischen Missionären zu entreißen und katholischen zu 
überantworten. 
29.  ,, [Dänemark.] Das Folkething hat im Budget für 1885 große 
Abstriche gemacht. Das Landsthing bestätigt es trotdem, um nur 
überhaupt ein Budget zustande zu bringen, und der König sanktioniert es. 
Ende „  [Deutsches Reich: Preußen.] Es geht das Gerücht, daß der Reichs- 
kanzler  seine Entlassung als preußischer Ministerpräsident fordern 
wolle oder gar schon gefordert habe. Das Gerücht findet indes wenig 
Glauben, und wenn es doch gegründet sein sollte, so ist die öffent- 
liche Meinung in Verlegenheit darüber, was der Reichskanzler damit 
eigentlich bezwecken  möge. 
,, „ [Deutsches Reich.] Von den großen Waffenplätzen an der deutschen 
Ostgrenze ist nunmehr nächst Königsberg auch Posen in seinem Fest- 
ungsgürtel fertiggestellt. 
1. April. [Deutsches Reich.] Die Garnisonen an der russischen Grenze 
werden. einigermaßen verstärkt, aber lange nicht in dem Umfange, 
wie man noch im Herbst v. J. allgemein erwartet hatte. Man er- 
kennt darin das inzwischen eingetretene bessere Verhältnis zu Rußland. 
3.  „ [Großbritannien: Aegypten.] Die Regierung erklärt im Parlament, 
Gordon habe niemals die Verwendung englischer Truppen für Chartum 
angeregt; sie beabsichtige auch nicht, solche nach Berber oder Chartum angeregt; sie beabsichtige auch nicht, solche nach Berber oder Chartum 
zu schicken. Nur ihre Verantwortlichkeit für die Sicherheit Gordons 
anerkenne sie und daß ihm Hilfe gebracht werden müsse, wenn er in 
Gefahr gerate. 
,, „ [Frankreich.] Kammer: genehmigt mit 322 gegen 164 Stimmen 
die Garantie resp. Ubernahme der tunisischen Schuld, um dadurch die 
dortige internationale Finanzkommission zu beseitigen und die Annexion 
zu vervollständigen. 
„ „ [Dänemark.] Folkething: verwirft die Landesverteidigungs- Vorlage 
der Regierung aufs neue mit 66 gegen 20 Stimmen. 
„ ,,  [Norwegen.] Das Reichsgericht hat nach und nach auch alle an- 
deren Minister verurteilt. Der König muß also zur Ernennung eines 
neuen Ministeriums schreiten und bildet ein solches unter dem Prä- 
sidium des Staatsrats Schweigaard. Dasselbe ist aber wiederum ein 
entschieden konservatives: die Storthingsmehrheit ist dadurch nichts 
weniger als befriedigt. 
5.  ,, [Deutsches Reich.] Auf die Anregung Sachsens und Württembergs 
tritt der Bundesrat unter dem Vorsitze des Staatsministers v. Bötticher 
in einen Meinungsaustausch über die in dem Programm der neuen 
deutsch-freisinnigen Partei geforderte Errichtung verantwortlicher Reichs- 
ministerien ein. Preußen gibt dabei eine sehr geharnischte schriftliche 
Erklärung gegen die Forderung ab und erklärt sich aufs entschiedenste 
gegen einen solchen Ubergang zum sog. parlamentarischen System. 
Bayern und alle übrigen Regierungen sind damit vollkommen ein- 
verstanden. 
„ „ [Griechenland.] Die Kammer genehmigt das Budget ganz nach 
dem Wunsche des Ministeriums Tritupis und schließt die Session. 
 
	        
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