Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

Die Oeflerreichisch-RAugarische Monarchie. (März 8 —13.) 149 
kowina und nimmt ohne Debatte eine Erhöhung des Baukredits 
für die Arlbergbahn um 5 Mill. Gulden an. 
Eine Nachtragsvorlage der Regierung zum Finanzggesetze für 
1883 ermächtigt sie zur teilweisen Bedeckung des Abganges durch 
Begebung fünfprozentiger Notenrente im Betrage von 30 Mill. und 
zur Veräußerung der im Staatsbesitze befindlichen 17,200 Stück 
Franz-Josef-Aktien. Der Restbetrag ist den Kassenbeständen zu ent- 
nehmen. 
8.—13. März. (Oesterreich.) Reichsrat: Generaldebatte über 
das Budget für 1884. Die Linke greift dasselbe aufs nachdrück- 
lichste an. 
Graf Clam hatte schon in seinem Bericht über das Budget die 
Bemerkung gemacht, man dürfe sich in Anbetracht des dem kleinen Gebah- 
rungsdefigit gegenüberstehenden großen Gesamtdesihits leinen Illusionen über 
die allgemeine Finanglage hingeben und darüber kommen die Redner der 
Rechten nicht weg; dies ist wie der Markstein, der nicht überschritten werden 
kann. Do ist es schwer in Optimismus zu machen. Der erste Redner der 
Opposition, der Abg. Carneri, stellt sich dagegen auf den BVoden des äußer- 
sten Pessimismus. Carneri erklärte zwar Eingangs, er sei kein geschulter 
Finanzmann, und man durste daher gefaßt sein, von dem eigentlichen Ver- 
handlungsgegenstand, dem Budget, in seiner Rede nicht viel zu hören: seine 
Rede wilrde demgemäß zu einer Philippika gegen das herrschende politische 
System, der zu ihrer Wirkung nur etwas Lichl gefehlt. Alles war 
Schatten und Finsternis, außer man wollte in der Anerkennung des guten 
Willens von seite des Grafen Taasse, den er als den Geführten und nicht 
als den Führer hinstellt, einen solchen sonst mangelnden Lichtpunkt sehen. 
Die gegenwärtige Regierung wirke unter dem dreifachen Zeichen: Unpro- 
duktive Eisenbahnen, Unterdrückung des Deutschtums und zersetzender Föde- 
ralismus, der seine Schatten auch bercits auf die andere Reichshälfte werfe. 
Slavismus und Föderalismus reichen sich die Hände, und es frage sich nur, 
wollen sie das Reich als flavischen Staat neu zentralisiren oder birgt sich 
hinter dem slovisch- MWn Schirme der Absolutismus. Jedenfalls 
stehe das Reich dem Chaos gegenüber, alle Schleusen, durch welche die Fluten 
hereinbrechen können, um die Verfassung zu unterwühlen und wegsuschwemmen, 
seien geöffnet. Taaffe sagte zu den Liberalen, mit Euch ist nichts zu machen, 
und nahm sich die Rechte; ein anderer Taaffe wird zu den Tschechen und 
Polen sagen: mit Cuch ist auch nichts zu machen. Dann haben beide, Rechte 
und Linke, ausgespielt. So weit war hinlänglich Schwarz auf Schwarz 
aufgetragen. Carneri schloß indes in gehobener Stimmung, indem er sein 
unerschütterliches Vertrauen aussprach, daß, möge auch die Gegemnwart An- 
deren gehören, die Dentschen und das Deutschtum in Oesterreich die Zukunft 
für sich haben. Der nächste Neduer der Opposition, Abg. Schaup, wollte 
nicht in den Fehler verfallen, alles im schwärzesten Lichte zu sehen, und 
konstatierte, es seien die Kurse der Staatspapiere hoch, wie noch nie, der 
Finanzminister verfüge über volle Kassen, die Einnahmen seien im Steigen 
begriffen, die Verhällnisse des Zinsfußes günstig; trotz all’' dem aber, trotz 
der großßen Opfer, welche die Steuern gerade dem minder bemittelten Teile 
der Bevölkerung auferlegt, sei die Tisserenz zwischen den Ausgaben und Ein- 
nahmen doch noch größer geworden. Die Majorität und die Regierung hatten eben 
verschiedene Wünsche, die befriedigt werden mußlen, dazu gehören: Bosnien,
	        
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