150 Die COesterreichisch-Angarische Monarchie. (März 15—16.)
die galizischen Bahnen und verschiedene Militaria. Eine Hand wäscht die
andere und die Bereitwilligkeit, zu bewilligen was oben verlangt wird, sei
die eigentliche raison d'ötre der Majorilät. Dagegen kann man sagen, die
Weigerung zu bewilligen was schließlich doch bewilligt werden mußte, weil
man eben nicht mehr andere handeln konnte, sei der Grund des Sturzes der
Linken gewesen. Diese wollte mit dem Kopf durch die Mauer, wobei sie
sich den Ropf begreiflich wund schlug, jene zieht es vor, herwärts der Maner
Zu bleiben. Befriedigt ist indes auch die Moajorität nicht, wenn man den
Worten eines Redners der Rechten, Abg. Adamek. Glanben schenken foll,
der weitlänfig ausführt. daß für die Nationalikäten noch wenig oder gar
nichts geschehen sei, der Zentralismus blühe.
Scheinbar von ungefähr wirft der Abg. Ruß einen neuen Antrag
bez. der böhmischen Sprachenfrage, den Vorschlag einer „administrativen
Sprachenordnung für Böhmen“ in die Tebatte. Derselbe geht dahin: Böhmen
in rein deuksche, rein cjechische und gemischte Bezirke einzuteilen. Die deutsche
Sprache als innere Amtssprache bei allen Behörden, ausschließlich deutsche Amts-
sprache auch im Verkehre mit den Parteien in den deutschen, deutsche und czechische
Amtssprache in den gemischten Bezirken, czechische Amtssprache in den rein
Cl#chischen Bezirken einzuführen, letzteres jedoch mit der durch die Ratur, der
Dinge und das Staatsbedürfnis selbst gebotenen Modifikation, daß auch in
den chechischen Bezirken die Behörden auf Verlangen der Parteien mit ihnen
in der inneren Amtssprache verkehren müssen. In der ersten hberraschnng
erklären mehrere czechische Abgeordnete den Vorschlag für diskutierbar; die
ciechische Presse findet ihn jedoch für ganz und gar unannehmbar und zeigt,
wo für sie in dem Antrag der Haken verborgen ist. Dies ist der scheinbar
kleine Vorbehalt, daß auch bei den czechischen Gerichten in den rein cze-
chischen Amtssprengeln ein Deutscher in seiner Sprache das Recht suchen
dürfe, da ja, wie Ruß sich ausdrückte, bei allen Gerichten die interne Ge-
schäftesprache die deutsche sei, daher alle Mitglieder des Gerichtes der deut-
schen Sprache mächtig sind und es darum widersinnig wäre zu verlangen.
ein Deutscher möge in einer anderen Sprache als der deutschen mit ihnen
verkehren. Implizite ist damit die deutsche Sprache als Staatssprache er-
klärt und diese Anerkennung perhorreszieren die Czechen. Die Deutschen
werden aber, wie Herbst sagt, nie davon abgehen.
15. März. (Ungarn.) Nothschild übernimmt wieder 100 Mill.
der sechsprozentigen Staatsschuld zur Konvertierung.
16. März. (Ungarn.) Erlaß Tiszas gegen die sächsische
Nationsuniversität.
Die Generalversammlung der Universilät hatte in einer Vorstellung
au das Ministerium beantragt, daß zwar jedermann gegen den Beschluß der
Generaluersammlung bei dem Ministerium des Innern, beziehungsweise bei
dem Ministerium für Kultus und Unterricht, Einsprache erheben könne, daß
aber die Wirkung dieser Einsprache über das aus dem Aussichtsrechte der
Regierung Hledende Recht der Beseitigung des Beschlusses hinaus sich nicht
erstrecke. In dem Erlaß Tisza's heißt es nun: „Da der Negierung gegen-
über den Beschlüssen der Generalversammlung nicht nur jenes negative Recht
zusteht, daß dieselbe von Amtswegen oder infolge einer Einsprache beanstan-
dete Beschlüsse und Verfügungen außer Kraft seten kann, sondern derselben
auch jenes positive Recht zusteht, nach welchem dieselbe an Stelle der außer
Kraft gesehten Beschlüsse und Verfügungen auch die sich als notwendig er-
weisenden gesetzlichen Anordnungen tressen kann, was der logische Ansfluß
nicht nur des Aussichtsrechts der Regierung, sondern auch der praktischen An-