154 Die Oefterreichisch--Ungarische Monarchie. (April 14—28.)
jetzt noch nichts weniger als bereit zu sein. Oesterreich-Ungarn be-
trachtet indes die endliche Erstellung der Orientbahnen als ein
Lebensinteresse.
14.—29. April. (Oesterreich-Ungarn.) Orientreise des
Kronprinzenpaares. Dasselbe besucht auf derselben Konstantinopel,
Bukarest, Belgrad und kommt auch mit dem Fürsten von Bulgarien
in Rustschuk zusammen.
20. April. (Bosnien und Hergegowina.) Durch kaif.
Gnadenakt wird den Griechisch-Orthodoxen die weitere Bezahlung
der sog. Wladikarina-Kullusabgabe fortan erlassen.
Die prinzipielle Bedeutung des kais. Gnadenaktes liegt darin, daß eine
solche für die Erhaltung der Bischöfe bestimmte Abgabe bisher nur von den
Griechisch-Orthodoxen, nicht aber auch von anderen Konfessionen geleistet
wurde, während die übrigen direkten und indirekten Abgaben alle Bewohmer
ohne Unterschied des Glanbensbekenntnisses in gleicher Weise getroffen hatten.
21. April. (Oesterreich: Dalmatien.) Infolge der bestimmten
Erklärung der dalmatinischen Neichsratsabgeordneten, daß sie nicht
in den Reichsrat eintreten werden, bis nicht die Regierung die in
ihrem Memorandum dargelegten Forderungen bewilligt habe, schließt
die letztere mit denselben ihren „Ausgleich“ ab, indem sie ihnen
durch den Statthalter Ivanovic erklären läßt:
Daß sie die Absicht habe, bei der Landesverwaltung successive die
serbisch-kroatische an Stelle der italienischen Sprache als Amtssprache einzu-
führen, die wichtigsten Posten, sowohl bei der politischen Verwaltung als
auch bei den Gerichtsbehörden, bei den Finanz-, Post= und Telegraphen-
ämtern, mit einheimischen Kräften zu besetzen und die fremden der Landes-
sprache nicht mächtigen Beamten entweder durch Versetzung oder durch Pen-
sionierung zu entfernen.
23. April. (Oesterreich.) Die ungarische Regierung ist mit
dem vom Reichsrat angenommenen Branntweinsteuergesetz als den
zwischen beiden Regierungen getroffenen Vereinbarungen nicht ent-
sprechend nicht einverstanden. Es wird ein neues Kompromiß zwischen
beiden abgeschlossen, das die österreichische Regierung zuerst im Herren-
hause und dann auch im Reichsrat gegen die Polen durchzusetzen sich
verpflichtet.
27. April. (Oesterreich: Böhmen.) Die Deutschen des Böhmer-
waldes gründen in einer großen Versammlung in ihrem zum Glück
noch überwiegend deutschen Hauptort Budweis einen „Böhmerwald-
bund“ zum Schut ihrer Nationalität gegen die fortschreitende über-
flutung durch die Czechen.
28. April. (Oesterreich.) Herrenhaus: nimmt die Brannt-
weinsteuervorlage nach dem mit Ungarn abgeschlossenen Kompromiß