Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

160 Die Oesterreichisch-Angarische Monarchie. (Mai 22—29.) 
ein überaus trübes Bild. Die Regierung war vom Reichsrat ausdrücklich 
angewiesen worden, den Ban der galigischen Transversalbahn nicht in Ge- 
neralentreprise zu geben, sondern selbst zu führen. Derselbe wurde aber doch 
an den Baron Schwarz als Unternehmer vergeben, wobei mehrere Mitglieder 
der Rechten und gewiß auch der Regierung starke Trinkgelder erhielten. Akten- 
mäßig nachjuweisen war das freilich nicht, weil die Negierung die Akten nicht 
herausgab, und sie that das auch im Aus schuß nicht. Das Natürlichste für 
den Ausschuß wäre nun gewesen, die Herausgabe dieser Akten und die Ent- 
bindung der betreffenden Beamten vom Amts geheimnis zu verlangen. Die 
liberale Minorität wollte das auch, die Majorität des Ausschusses aber be- 
antragte, sich mit dem absichtlichen Dunkel zufrieden zu erklären und die 
Rechte war dessen jehr zufrieden. Es handelte sich dabei um die recht hüb- 
schen Summen von 630,000 und 570,000 Gulden, welche die wirklichen 
Baujührer aus den Zahlungen des Staats hergeben mußten und welche bei 
der Länderbank zur Verrechnung gelangten. Bezüglich dieser Summen gibt 
der Minoritätsbericht genau nach der Darstellung der k. k. Staatsanwaltschaft 
in Wien an. an wen die einzelnen Beträge ausgefolgt worden sind. Die 
570,000 Gulden sind der Länderbank verblieben. Von den 630,000 Gulden 
erscheinen 150,000 Gulden für Knauer, Groß und Löwenfeld selost. (welche 
den Bau führten) und für den Vanunternehmer Fröhlich, welcher ohne Er- 
solg offerierte, verrechnet. 20,000 Gulden erhielt das Schwarg'sche Bau- 
bureau, 154,963 Gulden 28 Krenzer wurden an Journale von allen Partei- 
schattierungen, polnische Journale inbegriffen. gezahlt. 8600 Gulden erhielt 
J. Nitter v. Kaminsli, 300 Gulden Leopold Hanser — endlich 294,825 Gulden 
16 Krenzer erhielt teils in Bargeld, teils in Wertpapieren Baron Schwargz 
selbst, und es ist nicht bekannt, was er weiter damit gemacht hat. 
22. Mai. (Oesterreich.) Reichsrat: schließt seine Arbeit und 
nimmt die Delegations-Nachwahlen vor. Dieselben fallen für die 
deutsche Linke sehr ungünstig aus. 
Nur aus den Gruppen von Niederösterreich, Steiermark, Kärnten, 
Mähren, Schlesien, werden verfassungstreue Delegirte entsandt. Die zehn 
böhmischen Delegirtenmandate werden an lauter Czechen (darunter zwei che- 
chische Mährer) vergeben. Außer Böhmen werden in der zisleithanischen 
Delegation durch Autonomisten vertreten sein: Galizien, Dalmatien. Buko= 
wing, Oberösterreich, Tirol, Vorarlberg, Krain. Die fünf Salzburg er Ab- 
geordneten haben den ultramontanen Hofrat Lienbacher in die Delegation 
entsandt. Istrien, Görz, Gradiska und Triest endlich entsandten je ein Mit- 
glied des Coronini-Klubs. 
28. Mai. (Oesterreich.) Graf Taaffe spricht im Auftrage 
des Kaisers die Vertagung des Reichsrats aus. Der Normalarbeits- 
tag und die Nordbahnfrage bleiben unerledigt. 
29. Mai. (Oesterreich.) Ein kais. Patent löst die Landtage 
von Niederöslerreich, Oberösterreich, Salgburg, Steiermark, Kärnten, 
Bukowina, Mähren, Schlesien und Vorarlberg auf und ordnet Neu- 
wahlen an. 
Von besonderem Interesse sind die Landtagswahlen für Mähren, Steier- 
mark und Oberösterreich. In Mähren, das bisher eine bedeutende Land- 
tagsmehrheit zu Gunsten der Deutsch- Lideralen aufwies, machen die Czechen 
die größten Anstrengungen, die Majorität zu erringen. Wie man bereits
	        
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