Die Oesterreichisch-Ungarische Monarchie. (Juli Mitte — 19.) 169
italienische Sprache habe gar lein Recht in Dalmatien. Der Regierungs-
verkreter begnügt sich mit der Erklärung, daß die Feststellung der inneren
Amtssprache ein Recht der Regierung sei, daß aber die Regierung, wenn der
Landtag glaube, einen Wunsch aussprechen zu sollen, denselben zur Kenntnis
nehme und veranlassen werde, was gesetzlich Zulässig und im Interesse des
Landes sei. Von dem famosen Art. 19 der Slaatsverfassung und der Gleich-
berechtigung verschiedener Landessprachen ist da, wo die Slaven im Besit
der unbestrittenen Majorität sind, gar keine Rede mehr.
Mitte Juli. (Oesterreich.) Den Blättern gufolge ist die
Schuld Stellmachers und Kammerers in Betreff des Eisert'schen
Raubmordes und der Raubattentale in Straßburg und Stuttgart
durch neue Erhebungen evident bewiesen; ebenso fltehe fest, daß
Kammerer den Polizeikonzipisten Hlubek ermordet habe.
Mitte Juli. (Ungarn.) Die ungarische Regierung hat, um
die Belastung des Bodens zu ermitteln, in den verschiedensten Teilen
des Landes auf dem Gebiete von neun Grundbuchsämtern probe-
weise Erhebungen angeordnet. Durch die Ergebnisse werden die Be-
hauptungen resp. Voraussetzungen der Agrarier durchaus widerlegt.
Es wurde nämlich konstatiert, daß in 54 Gemeinden eine Vodenfläche
von 365, 101 Joch Boden mit 11,699,130 Gulden belastet ist. Daß von
dieser Last 37 Prozent auf die Grundbeitze bis zu 10 Joch entfallen, ist
darauf zurückzuführen, daß der überwiegende Teil dieser Lasten aus dem
Zehent der kleinen Weingartenbesiher von Pest, Preßburg und Klaufenburg
und den Lasten der Gartenwirtschaften in der Umgebung dieser Städte stammt.
Es wird dies auch durch den Umstand bewiesen, daß der kleine Grundbesitz
durchschnittlich mit Gulden 60,80 per Joch, das ganze Gebiet dagegen, in
welchem die Erhebungen stattjanden, durchschnittlich nur mit Gulden 26,27
belastet ist. Ein weiteres jehr günstiges Symptom ist es, daß 48,8 Prozent
des kleinen Grundbesitzes vollständig lastenfrei sind; das gesamte Gebiet, auf
welches sich die Erhebungen erstreckten, ist bloß bis zu 18,8 Proz. seines wirk-
lichen Wertes belastet. Es ist ferner bezeichnend, daß 31,16 Prozent der
intabulierten Lasten aus Schuldentilgung, dagegen bloß 1,83 Prozent der
gesamten Verschuldung aus Wechselverpflichtungen herruͤhren. Diese That-
sachen beweisen, daß die Wechselsähigkeit den kleinen ungarischen Grundbesitz
nicht zu Grunde gerichtet hat, und wiberlegen schlagend die diesfällige Be-
hauptung der Agrarier. Es ist wahrscheinlich, daß die Verhältuisse im
hanzen Lande noch günstigere sind als in dem Gebiele, in welchem die probe-
weisen Erhebungen vorgenommen wurden. Die Negierung wird nunmehr
die Erhebungen für das ganze Land anordnen.
15. Juli. (Kroatien.) Der Landtag wird infolge forlgesetzter
Skandale seitens der Partei Starcevic durch kgl. Handschreiben bis
auf weiteres vertagt.
19. Juli. (Oesterreich: Schlesien.) Resultat der Landtags-
wahlen. Auch der neue Landtag bleibt seiner überwiegenden Ma-
jorität nach deutsch-liberal. Unter den 31 Mitgliedern, aus denen
er besteht, gehört die Virilstimme dem Fürstbischof von Breslau,
Dr. Hergog, der bisher den Sitzungen des Landtags fern blieb; 27