Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

186 Die Oefslerreichisch-Augorische Monarchie. (Nov. 10.) 
Ssilagyi meinte dem Minister gegenüber: Wenn das Bündnis Oiogar den 
Parlamenten zur Gutheißung hätte vorgelegt werden sollen, so gebe es doch 
nichle daran zu. verheimlichen. (In dem Busch'schen Bismarck-Buche lautet näm- 
lich die bezügliche Stelle: „Der Neichs zlangler wollte zwischen Deutschland und 
Oeflerreich-Ungarn ein öffentliches, verfassungsmäßiges Bündnis gegen eine 
Koalition herstellen, das, durch Mitwirkung aller konstitulionellen Faktoren zu- 
stande gekommen, auch nur durch solches Zusammenwirken, also nur mit Zu- 
stimmung in Deutschland des Kaisers, des Bundesrats und des Neichstags, in 
Oesterreich des Monarchen und der Vertretung von Cis= und Transleithanien, 
anflösbar sein sollte. Dorbereiteude Schritte nach diesem Ziele hin blieben 
unter Venst erfolglos. Andrassy ließ Besseres hoffen. ) Hier griff unter 
allgemeiner Spannung Graf Andrassy in die Debatte ein und gab betreffs 
der geselmäßigen Inartikulierung des Bündnisses folgende Erklärung ab: 
„Was die Frage betrifft, welche Sjilagyi mit Berufung auf das Werk Buschs 
aufwarf, ob nämlich in jener Zeit, als zwischen Oesterreich-Ungarn und 
Deutschland eine auf ein engeres Verhältnis bezügliche Vereinbarung fest- 
gestellt wurde, seitens Deutschlands ein Antrag in der Richtung gemacht 
wurde, daß der Vertrag als organisches Ganzes den Gesetzen beider Staaten 
einverleibt und sohin publik gemacht werde, ist Redner seinerseits bereit, 
Aufklärung zu geben, da er damals Minister des Außeren gewesen, ob#par 
er der Ansicht ist, daß, wenn jemand auch aufgehört hat, Minister zu sein, 
dies ihm doch nicht das Recht verleiht, Aufllärungen nach Belieben über 
Thatsachen zu erteilen, welche während seines Regimes vorgekommen. Er 
kann vielmehr nur das veröffentlichen, wogegen der faktische Minister, der 
gegenwärtig verantwortlich ist, keine Einwendung hat. Dennoch ist die auf- 
geworfene Frage eine solche, auf welche er, wie er glaubt, ohne ein Interesse 
zu verletzen, antworten kann. D Diese Antwort ist folgende: Ein formnlierter, 
offiziell ausgesprochener Wunsch eines Kabinets zum audern Kabinet ist in 
dieser Richtung nicht erfolgt. Alles in allem geschah bloß, daß während der 
Unterhandlungen seitens des Fürsten Bismarck auch diese Frage als Ideen- 
aus stausch zur Sprache gebracht wurde, und Redner sagt es offen, er habe 
damals seine Ausicht geäußert, wie er auch jetzt der Meinung ist, daß die 
Inartilulierung nicht zweckmäßig gewesen wäre, aber Redner wiederholt, ein 
sormeller Antrag wurde nicht gestellt, und noch weniger erfolgte eine Aktion 
von Kabinet zu Kabinet, sondern die Idee ist nur im Laufe der Diskussion 
aufgekaucht und dann mit gemeinsamer Einwilligung fallen gelassen worden 
und wurde auch nicht mehr zur Sprache gebracht. Hieraus ist ersichtlich, 
daß der betreffende Schriftsteller wohl etwas länten hörte, aber nicht voll- 
ständig orientiert war.“ Weshalb diese gesetzmäßige Sanklionierung des 
Bündnisses unterblieb, hat Graf Androff nicht angedentet; vielleicht glaubte 
er sie in den Parlamenten der Monarchie nicht durchbringen zu können, 
vielleicht war er selber dagegen. 
10. November. (Oesterreich.) Vischof Rudigier geht auch 
noch gegen zwei weitere Lehrer als nicht genug katholisch vor und 
findet bereits einen Genossen in dem böhmischen Bischof von Leit- 
meritz. Die Regierung wird durch dieses kecke Vorgehen der Bischöfe 
in nicht geringe Verlegenheit gesetzt. 
10. November. (Ungarn.) Der Unterrichtsminister Trefort 
sieht sich veranlaßt, in einem Erlaß an sämtliche Unlerrichts-Ober- 
behörden dringendst zu einer größeren Pflege der deutschen Sprache 
zu ermahnen.
	        
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