1. Portugal.
2. Januar. Feierliche Eröffnung der Session der Cortes für
1884 durch eine Thronrede des Königs. Dieselbe kündigt an, daß
das Ministerium Entwürfe über eine Anderung der Verfassung und
des Wahlverfahrens vorlegen werde.
Die sehr freisinnige portugiesische Verfaisung stammt aus dem J. 1826
und ist durch die Zusahakte vom 5. Juli 1852 bloß in wenigen Punkten
abgeändert worden. Die Cortes erfreuen sich * dieser Verfassung einer
sehr großen Selbständigkeit, indem sie ohne besondere Berufung zusammen-
treten und dem Könige auch nur ein einmaliges Veto gegen ihre Beschlüsse
zusteht. Das Oberhaus besteht außer einigen wenigen ihm erblich ange-
hörenden Mitgliedern der alten Aristokratie aus Vertrauensmännern der
Krone, welche diese auf Lebenszeit ernennt. Das Wahlrecht für das Unter-
haus beruht auf dem Grundsatz des Bermögenszenfus: Um wählen zu dürsen,
muß man 440 —, um wählbar zu sein 1780 .4 Einkünfte haben, ohne
daß jedoch diese Bestimmung auf Leute, deren Lebensstellung eine höhere
Bildung verbürgt, angewandt wird. So freisinnig nun auch diese Bestim-
mungen sein mögen, so sind sie doch in einem Lande, wo während der letzten
Jahre mehrfach kpubtikanische Siromungen Zu Tage traten, nicht ohne An-
fechtung geblieben. Währer Haus Sachsen-Koburg-= Gotha in London
und Brüssel als nationale s angesehen. und wohl kaum jemals wegen
seines ausländischen Ursprungs angefeindet wird, macht man in Portugal
dem regierenden Könige, und zwar anscheinend ohne jeden Grund, den Vor-
wurf, er habe in seiner Stellung gegenüber den Parteien nicht immer streng
geung die Unparteilichkeit des verfassungesmäßigen Herrschers gewahrt. Um
diesen Anschuldigungen die Spitze abzubrechen, hat Dom Louis vor einigen
Monaten darein gewilligt, daß das konservative Ministerium Fontes durch
Abstoßung älterer und Aufnahme neuer Elemente seine Parleistellung bei-
nahe völlig aufgab. Und nun soll von diesem Ministerium eine Anderung
der Verfassung und eine auf das allgemeine Stimmrecht hinaus laufende An-
derung des Wahlrechts vorgeschlagen werden. Zuerst soll die Abänderung der
Verfassung zur Beratung gelangen. Es sollen Acht Paragraphe abgeändert
werden. Dieselben betreffen die Peirskammer die Daner der Legislaturperioden,
das königliche Ernennungsrecht des Pairskammerpräsidenten, die Berufung
der Pairs auf Lebenszeit, das placetum regium, das Recht des Rönigs, mit
Bewilligung der Cortes ins Ansland zu reisen, das Verfahren bei einer Ver-
fassungsänderung und endlich die allgemeinen Rechte der Staatsbürger.
20. Jannar. Cortes: Der Ministerpräsident Fontes erklärt,
die Regierung halte es nach dem Geiste der bestehenden Verfassung
. Is-