Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

201 Erohbrilannien. (Jan. 7.. Febr. 4.) 
7. Jannar. (Ostindien.) Zwischen der Regierung und dem 
englisch-indischen Schutzverein ist über die sog. Ilberk'sche Bill ein 
vollkommenes Einvernehmen über die Bediugungen eines Vergleichs 
erzielt worden. Beide Teile behaupten ihren Zweck erreicht zu haben. 
Die Regierung behauptet, daß sie das Prinzip der Bill intakt er- 
halten habe, während die Opposition überzeugt ist, daß die Bill, 
wenn nicht gänzlich unwirksam, so doch ganz harmlos sein werde. 
Die Ilbert'sche Bill hatte #ei Ziele: Erstens sollten die eingeborenen 
Richter den auglo#indischen gleichgestelll und damil eine gehässige Rassen- 
verschiedenheit beseitigt werden: in zweiter Linie wollte man mit einem ad- 
miristratiuen Hindernie aufränmen. Eine jehn Monate andauernde Agitation, 
welche auf Srite der anglo-indischen Beamten mit beispiellofer Heftigkeit 
geführt wurde, hat jedoch den Marquis of Ripon, den englischen VBizekönig, 
überzeugt, daß zur Stunde das von ihm gebilligte Prinzip der Gleichberech- 
tigung der Nassen noch nicht praktisch ausführbar sei, nicht weil die einge- 
borenen Nichter den an sie gemachten Anforderungen nicht entsprechen, sondern 
weil die anglo-indischen Beamten von ihrem Vorurteil nicht abgehen wollen. 
daß die von ihnen regierten Eingeborenen für das politische Leben unreif 
seien. So hat der Marquis gegen sein besseres Wissen zu einem Kompromiß 
seine Zustimmung geben müssen, welcher nicht uur das Prinzip der Bill 
angreift, sondern noch obendrein die administrativen Schwierigkeiten vermehrt. 
Nur die eingeborenen Magistrate, welche den Rang von Oberrichtern haben, 
sollen ihren enropäischen Kollegen gleichgestellt werden. Zweitens wird den- 
jenigen Europäern, welche vor einen eingeborenen Richter gestellt werden. 
das Necht eingeräumt, eine Jury zu verlangen, in welcher die Majorität 
aus Weißen besteht, selbst wenn es sich um ein ganz unbedentendes Vergehen 
handelt. Ein solches Geschworenengericht aufzutreiben, ist in vielen Fällen 
beinahe unmöglich und der Fall. muß, falls der Europäer auf seinem Vor- 
rechte besteht, dem nächsten weißen Richter überwiesen werden. Es wird 
jedoch allgemein angenommen, daß der europäische Angeklagte nicht davon 
Gebrauch machen wird, einfach deshalb, weil die Erfahrung längst dar- 
gethan hat, daß ein eingeborener Nichter einem Anugebörigen der regierenden 
Rasse gemeiniglich mehr parteiisch ist, als seinen eigenen Leuten gegenüber. 
Der ganze Zwischenfall hat jedoch abermals klar bewiesen, daß in Indien 
nicht der von London abgesandte Bizekönig, sondern die anglo-indischen Be- 
amten Meister der Lage find. 
11. Jannar. (Kanada.) Das vom letzten kanadischen Par- 
lamente beschlossene kleine stehende Heer ist nunmehr gebildet. Es 
besteht aus 3 Batterien Artillerie, 1 Eskadron Kavallerie und 2 Re- 
gimentern Infanterie, zusfammen aus 1200 Mann. 
18. Jannar. (Agypten.) General Gordon wird von der 
englischen Regierung nach Chartum geschickt, jedoch nur mit wenigen 
Begleitern ohne Truppen. 
4. Februar. (Südafrika.) Antwort der Regierung auf das 
Ultimatum der Transvaal-Deputation. Dieselbe ist indes nur eine 
vorläufige. Die Frage der Handelsroute und der Grenzregulierung
	        
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