Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

Großbrilannirn. (Juni 16.) 217 
eine Gefährdung der Sicherheit seines Reservatgebickes und die 
„Times"“ erhebt neuerdings den Kriegsruf gegen die Boern, indem 
sie erklärt: 
„Die Boern des Transvaals und des Oranje-Freistaats denken, daß 
die Kapkolonie mit Natal, wo ihre Stammesbrüder so zahlreich und mächtig 
sind, bestimmt ist, einmal aus dem Besitze der englischen Krone gerissen und 
wieder zu werden, was es früher war; eine holländische Republik. Sie 
haben während der letzten Jahre für diese Idee in Europa Propaganda ge- 
macht und an die nationalen Sympathien nicht Holland= allein, sondern 
auch Deutschlands appelliert. Ihre Schmerzensschreie sind nicht unerhört 
verhallt, und die Boern können sich rühmen, ein gewisses platonisches In- 
teresse erweckt zu haben. Die Deutschen und die Holländer freut der Ge- 
danke, daß es in der südlichen Hemisphäre Gemeinden von rein bentonischem 
Ulute gibt, die nicht nach London, sondern nach Amsterdam und Berlin als 
ihren Metropolen blicken. Die Telegierten des Transvaals nahmen jüngst 
anläßlich ihres Besuches in Europa die Gelegenheit wahr, sich in der dent- 
schen Reichshauptstadt einmufinden, um von dem Kaiser und dem Fürsten 
Bismarck in Audienz empfangen zu werden, bei den ihnen zu Chren veran- 
stalteten Banketten patriotische oder pantentonische Toaste aus Zubringen und 
in weislich verschwommenen Andeutungen ihrem Glauben Auedruck zu geben, 
daß die Zukunft Südafrikas nicht den Engländern, jondern den Deutschen 
gehöre. Sie hatten alle Ursache zufrieden zu sein. Der berühmte Kaugzler 
des Reiches ließ sich herab, mit dem Präfidenten Krüger an der kaiserlichen 
Tafel plattdeutsch zu reden, und der Sache wurde mit dem Klbschlusse eines 
Handelsvertrags eine praktische Wendung gegeben. Die Führer der Boern 
haben jedoch wenig von der europäischen Politik gelernt, wenn sie diese 
Kundgebuugen für mehr als bloße Höflichkeite bezeugungen anschlagen. Bis- 
marck hielt die ganze orientalische Frage der Knochen auch nur eines pom- 
mer'schen Grenadiers nicht wert und er wird bestimmt dieses wertvolle Ma- 
lerial nicht exportieren, um damit den Boden des Zulul andes zu düngen. 
In Europa gibt es nur eine Macht, mit welcher die Voern in Südafrika 
zu schaffen haben könnten, und diese Macht ist England." 
16. Juni. Die Unterhandlungen zwischen England und Frank- 
reich über die Grundlagen resp. Vorbedingungen für die Londoner 
Konferenz über Agypten haben zu einem Einverständnis geführt. 
Eine Depesche des französischen Botschafters Waddingkon an Lord 
Granville vom 17. Juni refumiert das Resultat folgendermaßen: 
Die Depesche Waddingtons bestätigt den Empfang einer englischen 
Note vom 16. Juni über die Ansichten Englands bez dieses Resultats und 
konstatiert, daß England sich in dieser Note verpflichte, ein Truppen An- 
fang 1888 aus Agypten zurückzuziehen, vorausgesehzt, daß die Mächte als- 
dann der Meinung sind, daß die NRänmung möglich sei, ohne den Frieden 
und die Ordnung in Agypten in Frage zu stellen. Waddington resumiert 
sodann den finanziellen Teil der englischen Note betreffs der Ausdehnung der 
Vollmachten der Schuldenkommission, welche bejugt sein soll, betreffs des 
Budgets vom Jahre 1885 ab jeder Ausgabe ein Belo entgegenzusetzen, welche 
eine Bergrößerung des Budgets mit sich bringt. Die Kommission soll von 
1 ab eine beratende Stimme bei der Aufstellung des Budgets haben. 
Nach der Räumung Agyptens von den englischen Truppen soll die Kom- 
mission berechtigt sein, ihre finanzielle Aufsicht so auszuüben, daß die regel-
	        
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