Frankreich. (Febr. 9—12.) 241
Geschenk wäre, weil die Verhandlungen leicht in klubartige Auflritte aus-
arten könnten. Graf Saint-Vallier wies außerdem auf die materielle Un-
möglichkeit hin, die Sitzungen der Munizipalräte auf den oit. winzig engen
Mairien einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Der Senat ver-
wirft mit 165 gegen 78 Stimmen den Vorschlag des Ausschusses und, nach-
dem dies geschehen, mit 147 gegen 97 Stimmen auch noch die von der Kammer
herübergelangte Redaktion, ändert aber seinen Veschluß nachher doch wieder.
Emile Labiche befürwortet ein Amendement, welches das Prinzip der Öffent-
lichkeit der Gemeinderatesitzungen aufstellt, die Praxis aber durch die Be-
stimmung einschränkt, daß die Versammlung auf Verlangen dreier Mitglieder
oder des Maires ein vertrauliches Komitee bilden darf. Ausschuß und Regie-
rung trelen der neuen Fau bei, und diese wird mit 130 gegen 128 Stimmen
genehmigt. — Weitere Debatten veraulaßt der § 99 des Negierungsentwurfs.
Derselbe erteille den“ Präfekten das Recht, ohne weiteres die ihm nölig er-
scheinenden Poligeimaßnahmen in jener Gemeinde zu ergreifen, deren Maire
der Ansicht des Präfekten nach dicse Maßregeln vernachlässigt hat. Die
Kommission hatte eine mildere Faisung vorgeschlagen, wonach der Präfekt
erst dann vorgehen darf, wenn eine an den Maire gerichtete Mahnung er-
folglos geblieben ist. Der Berichterstalter Ondet bekämpfte energisch die
Anschauungen der Regierung und plädierte für das Selfgovernmenk und die
autonomen Nechte der Gemeinden. Der Regierungskommissär Le Guay aul-
wortete mit dem Hinweis auf verschiedene Vorjälle, wo die Bürgermeister
entweder heillose Nachlässigkeit oder böswillige Absichten bekundeten. Wenn
in solchen Fällen die Regierung nicht einschreite, ständen die traurigsten Re-
sultate in Aussicht. Labiche bekämpft nicht minder heftig als Ondet den
Regierungsstandpunkt und verliest zur Genngthunng der orleanistischen Mit-
glieder des Senats die betreffenden Paragraphen von 1837, um nachzuweisen,
daß dieselben viel liberaler sind, als die gegenwärtige Negierungs vorlage.
Mit 137 gegen 121 Stimmen wird denn auch der § 99 überhaupt ver-
worfsen. — Der § 165 bestimmt endlich, es stehe den Genminderäten frei, gänz-
lich oder teilweise über die den Gemeinden gehörigen Baulichkeiten zu ver-
fügen, welche außerhalb der Vorschriften des Ronkordats und des organischen
Gesetzes vom 18. Germinal des Jahres X für kirchliche oder geistliche Zwecke,
sowie auch überhaupt für bürgerliche Zwecke, bisher benußt worden sind.
Batbie sowohl als Jouin wollen sich mit der Redaktion nicht zufrieden geben
und halten an der Meinung fest, die Gemeinderäte allein dürfen mit bloßer
Ermächtigung durch das zuständige Ministerium die früher in eben dieser
Weise gefaßten Beschlüsse nicht aufheben, es bedürfe hierzu richterlicher Sprüche.
oirot, Unterstaatsselretär im Justizministerium, befürwortet im Namen der
Regierung die neue Fassung des Art. 165, die von dem Hause denn auch
mit 164 gegen 122 Stimmen genehmigt wird.
9.—16. Februar. Kammer: genehmigt einen Gesetzentwurf,
der politische Demonstrationen auf öffentlichen Plätzen und Straßen
verbietet. Der Art. 1 des Entwurfs wird mit 300 gegen 183, das
Gesetz als Ganzes mit 337 gegen 207 Stimmen angenommen.
10. Februar. (Tongking.) General Millot langt auf dem
Kriegsschauplatze an und übernimmt den Oberbefehl über die sämt-
lichen Streitkräfte zu Lande, Admiral Courbet behält nur den Ober-
befehl der Flotte.
12. Februar. Die neue Anleihe von 350 Mill. wird voll-
Schulthess. Europ. Geichichtskalender. XXV. Vd.