Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

250 Frankreich. (April 4—8.) 
Senat will dagegen die 20 Arrondissements mit der Wahl von je 4 Ge- 
meinderäten, indes auch durch das Listenstrutinium, betrauen. Jede Kammer 
beharrt gegen die andere auf ihrem Beschlusse, bis der Senat schließlich mit 
170 gegen 69 Stimmen alles verwirft. Es bleibt also vorerst die Wahl 
nach Stadtvierteln, deren Paris 80 hat. 
4. April. Der Parifer Gemeinderat beschließt mit 42 gegen 
8 Stimmen, die Verwaltung aufzufordern, daß sie noch im Laufe 
dieses Jahres die 150 barmherzigen Schwestern, die in den Pariser 
Hospitälern beibehalten wurden, durch weltliche Pflegerinnen ersetze. 
5. April. Der Strike im Kohlenrevier von Anzin führt zu 
Unordnungen und Gewaltthätigkeiten. Es müssen Truppen dahin 
abgehen, um wenigstens die Ordnung wiederherzustellen und auf- 
rechtzuhalten. Im übrigen bemüht sich die Negierung, eine mög- 
lichst neutrale Stellung zwischen den Arbeitern und der Gesellschaft, 
der die Gruben gehören, zu beobachten. 
Der Vierundvierziger-Ausschuß will auch Ferien haben und stellt da- 
her trotz der Wichtigkeit, welche er seinen Erhebungen beimißt, die Ver- 
nehmungen ein und ersucht diejenigen, die ihm noch ekwas mitzuteilen hätten, 
um schriftliche Eingaben. Spuller, der Vorsitzende des Ausschusses, hat in- 
zwischen Auftrag erhalten, den Wust der bisherigen Aus ekünfte zu sichten und 
darüber bis zum Miederzusammentritt der Kammer einen sachlichen Bericht 
Zu erstatten. Der Ausschuß behalt sich vor, dann die geeigneten Schlüsse zu 
giehen. Bisher war vor den 14 nur von der Pariser Geschäftskrisfis aa 
Rede. Jetzt soll aber auch nuoch die allgemeine finanzielle Lage des Landes 
in den Kreis der Untersuchung gezogen werden, und zu diesem Behufe hat 
sich der Enquete-Ausschuß in drei Subkommissionen geteilt, von denen die 
erste aus 20 Mitgliedern besteht und sich mit der Industrie, die zweite, 
10 Mitglieder, mit dem Handel, und die dritte, 14 Mitglieder, mit dem 
Ackerbau zu befassen hat. Elemencean, voll Fenereifers, beantragte, daß 
Delegalionen nach den Deparlements enksandt und die zuständigen Abgeord- 
nelen aufgefordert werden, sich ihnen mit Nat und That beizugesellen. Ribot 
bekämpfte den Vorschlag, dessen Annahme unfehlbar eine Schaustellung demo- 
kratischer und demagogischer Michtigthuerei, eine Eutfaltung ganz= und halb- 
sozialistischer Einfälle zur Folge gehabt hälle, und sehte es durch, daß die 
Subkommissionen sich vorläufig damit begnügen, den bestehenden Körper- 
schaflen und Vereinen durch die Präfekten „Fragebogen mit der Bitte um 
Aus füllung derselben zustellen zu lassen. Die Antworten werden während 
der Ferien einlaufen, so daß der Enquete-Ausschuß bei dem Wiederbeginn 
der parlamentarischen Srssion ein vollständiges Material vorfinden soll. 
8. April. Kammer: Generaldebatte über den neuen Rekru- 
tierungs-Gesetzentwurf, der die Militärdienstpflicht von 5 auf 3 Jahre, 
aber für alle Franzosen ohne Ausnahme, herabsetzen will. Der 
übergang zur Spezialdebatte wird mit 508 gegen 2 Stimmen be- 
schlossen; dieselbe soll aber erst nach den Ferien stattfinden. 
Der gegenwärtige Stand der frangesischen Militärgesetzgebung ist kurz 
folgender: Ju Frankreich wurde am 27. Juli 1872 das neue Rekrutierungs- 
geseh eingeführt, welches die allgemeine — ohne Stellvertretung ver- 
sügte, eine zwangigjährige Dieustzeit festjetzte und die wassenfähige Bevöllerung
	        
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