Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

Belgien. Marz 25. 
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Woesles auf Kürzungen und Abstriche durchfallen. So hatle er 
z. B. bei den Schulbanten und Lehrergehältern die Streichung von 
nicht weniger als 3 Mill. verlangt, was der Minister sehr richtig 
als eine Vernichtung aller seit 1879 erzielten Neformen bezeichnete. 
Schließlich geht das ganze Budget mit 61 gegen ½8 Stimmen durch. 
25. März. Kammer: Der Hauptberscht der parlamentarischen 
Schul-Enqucte-Kommission lieg# ihr nun vollständig vor. 
Die Untersuchung hat vom 31. Mai 1880 bis zum 31. Dezember 18#; 
gedauert und wurde trotz aller Hindernisse, die sich ihr entgegenstellten, aufs 
gewissenhafteste und gründlichste durchgeführt. Die Arbeit der Rommission 
erstreckte sich auf nahezu die Halfte der Friedens sgerichte abe irte der Landes, 
5804 Zeugen wurden vernommen und deren Aussagen in frangösischer und 
vlämischer Sprache gedruckt. Le Hardy de Beaulien hat darüber zwei Berichte 
erstattet; der eine, der die Handlungen der Geistlichleit erörtert, ist schon 
am 30. Mär) In#sa erschienen; der andere, der von den Pilichtversäumnissen 
und Gesezübertreiungen der Verwaltungebehörden und Gemeinderäte handelt 
jetzt. Zur Prüfung aller die Volleschullehrerseminare betressenden technischen 
und pädagogischen Fragen ist eine Kommission von 1, Sachverständigen ein- 
gesetzt und länger als ein Jahr damit beichäftigt gewesen. Honzean erstattet 
darüber einen Gesamtbericht. Außerdem haben auch noch Jottrand, Scail- 
quin, Vanderkindere und Bergè die einzelnen Fächer der Schul- Enquete einer 
Sonderbetrachtung nuler sogen. Alie diese Berichte sollen dem Lande bie ins 
kleinste Detail zeigen, wie dem Schulgeset von 1879 von klerikaler Seite in Trotz 
und List Widerstand geleistet wird. Der von Vanderkindere erstaltete Sonder- 
bericht über den öffentlichen und den privaten Elementarunterricht sagt über 
den letztern: „Die Enquete hat feine volle Unzulänglichkeil dargethan und er- 
wiesen, daß die Anstellung des Lehrperjonals die Anschaffung des Schul- 
geräts, die Anlegung des Schulplans, die Anwendung der Erziehungsregeln, 
mil Einem Work die ganze Schuleinrichtung dem Zusall überlassen ist; diese 
oft von ganz unfähigen Leuten geleiteten Privatschulen bieten den Familien= 
vätern keine ernste Gewähr für die sittliche Erziehung, und den Kindern, den 
Opfern dieses Unterrichts, stellen sie nur die Unwissenheit und deren ver- 
hängnisvolle Folgen in Auesicht. Dies ist durch so viele und so durch- 
schlagende Thatsachen bezeugt, wie kein geschichtliches Fallum sie echter * 
klarer hinstellen kann. Für jeden der hell beleuchtelen Punkte haben wir 
das Zugeständnis der gegnerischen Partei selbst; die Aussagen der freien 
Lehrer und der dieselben leitenden Mitglieder des Klerus lassen auch nicht 
den mindesten Zweisel übrig, daß sich die Sache leider so verhält. Die 
Hälste des belgischen Volkes im Schnkalter wird heute gewaltsam in Austalten 
hineingezerrt, wo man ihre Schwäche unwürdig ausbeulet. Die Slaats- 
verfassung hat allerdings den Schulunterricht für „frei“ erklärl; der Sieg 
der klerikalen Schule aber, in der die Kinder nichts als den Katechismus. und 
die heilige Geschichte auswendig lernen, muß die Zukunft der Nation ge- 
fährden. Die freien Schulen müisen also auf indirektem Wege gezwungen 
werden, sich der Jugend besser anzunehmen. Zur Prüfung für die Wähler- 
berechtigung dürfen unr Leute zugelassen werden, welche nachweisen, daß sie 
eine wirklich gute Schule besucht haben, die unter Staatsaufsicht steht. An 
dieselbe Bedingung ließe sich auch noch manche andere Vespünstigung knüpfen, 
die im Militär= und Zivildienst gewährt werden kann. Man muß die guten 
von den schlechten oder ungenügenden Schulen unterscheiden lernen und das 
belgische Schulwesen auf die Höhe bringen, die es bei unsern deutschen
	        
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