Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

334 Belgien. (Sept. 7. . 18.) 
von 800 Gemeinden angeschlossen hätten, die zusammen eine Be- 
völkerung von 2,690,000 Einwohnern vertreten. Der große Zug 
zum kgl. Palais beginnt um 2 Uhr und endet um 5 Uhr: die Zahl 
der Teilnehmer wird auf 90,000 geschätzt. 
7. September. Eine katholische Gegendemonstration in Brüssel 
gegen die liberale vom 31. August wird von einem wohlorganisierten 
Pöbel in ihrem Aufzuge gestört und verhindert, was zu blutigen 
Szenen führt. 
9. September. Ordentliche Jahresversammlung des Vereins 
der belgischen Volksschullehrer, dem mehr als 6000 Lehrer ange- 
hören, in Verviers. Der liberale Gemeinderat und die ganze über- 
wiegend liberale Bevölkerung der Stadt nehmen daran Anteil. Es 
wird eine Petition an den Köneg beschlossen, welche die Lehrer, die 
durch kgl. Dekret angestellt worden seien und nun durch das neue 
Schulgesetz einfach dem Elende preisgegeben werden sollen, unter 
den Schutz des Königs stellt und ihn ehrfurchtsvoll bittet, sich ihrer 
anzunehmen. 
10. Seplember. Senat: nimmt das neue klerikale Schulgesetz 
auch seinerseits mit 40 gegen 25 Stimmen an. 
17. September. Der König mmmt die Eingabe der großen 
Kommnnen des Landes gegen das neue Schulgesetz aus den Händen 
der dazu abgeordneten Bürgermeister von Brüssel, Gent, Lüttich, 
Mons, Arlon und Antwerpen entgegen und antwortet darauf: 
„Ich nehme Jy#e Petitionen als Ausdruck der Wünsche einer großen 
Anzahl von Bürgern entgegen, welche Magistrats= und Kommunalämter be- 
kleiden. Ich habe auch eine jehr große Anzahl von Petitionen erhalten, 
welche sich in entgegengesetztem Sinne aussprechen. Angesichts dieser so ver- 
schiedenen Meinungsäußerungen muß ich mich dem Willen des Landes, wie 
er durch die Majorität der beiden Kammern zum Ansdruck gebracht worden, 
anschließen. Sie beurteilen mich zu wohlwollend, wenn Sie meine Weis bheit 
rühmen, aber ich acceptiere Ihre Worte über meine Beobachtung der Pflichlen 
eines konstitutionellen Sonveräns. Ich werde meinem Eide stels treu bleiben, 
und fortdauernd bemüht sein, den regelmäßigen Gang der parlamentarischen 
Regierung sicherzustellen. Ich werde niemals einen Unterschied zwischen Bel- 
giern machen, sondern für den Einen dasselbe thun, was ich für den Andern 
gethau. Mein Verhalten wird unter den gegenwärligen Umständen das näm- 
liche sein wie im Jahre 1879. Indem ich von den mir zustehenden Prä- 
rogativen im Geiste der Verfassung Gebrauch mache, diene ich Belgien, unseren 
zwei großen polilischen Parteien und der Sache der Freiheit, der ich tief er- 
geben bin. Ich danke den Bürgermeistern für die Gefühle, die sie für mich 
persönlich an den Tag gelegt." 
§. September. Der König sanktioniert in der konstilutionellen 
Zwangslage, in der er sich befindet, das klerikale Schulgesehz, ob- 
gleich offenbar gegen seine persönliche Uberzeugung.
	        
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