Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

310 Holland. (April.) 
Bank Silbergulden im Betrage von 20 bis 25 Mill. einziehen, ein- 
schmelzen und in Varren verkaufen solle. 
Selbst Holland rechnet also auf den nahenden Sieg des Bimetallis- 
mus nicht mehr, sonst würde es jebt nicht mit Verlust sein Silber verkaufen, 
das ja nach Annahme des Bimctallismus um mindestens 15 pEt. im Preise 
steigen würde. 
— April. Auftauchen der Niserofrage zwischen Holland und 
England. 
Es verhält! sich damit, wie folgt. Gegen Ende des vorigen Jahres 
scheiterle bei der Insel Sumatra das englische Schiff „Nisero“ ans Sunder- 
land mit ungefähr 30 Mann an Bord. Le#ttere wurden vom Najah von 
Tenom gefangen genommen. Einer davon starb in der Gefangenschaft auf 
einer Insel im Flusse Tenom, ungefähr 10 Meilen stromauswärts von des 
Rajahs Herrschersih; drei sind krank und die übrigen leiden Not, „seitdem ihnen 
die konservierte Milch und der Zwieback ausgegangen sind. Die Gefangen- 
nahme war völkerrechtswidrig und England wandte sich daher an Holland, 
die Lehnsmacht des Rajahs, mit dem Gesuch, die Freilassung zu erwirken. 
Holland gehorchte, verhandelte mit dem Vasall, sandte selbst eine Truppen- 
ableilung aus, um ihn zur Herausgabe zu zwingen. Vergebens. Der Vasall 
verlegte sich auf Aus elüchte, verlangte, daß ein bbrritischer Unterthau aus 
Singapore sich persönlich stelle und eine bestimmte Summe entrichte; es wurde 
der holländischen Regierung bald klar, daß es dem Rajah unr um die Herbei- 
führung eines Zwiespalts zwischen Holland und England zu thun sei, bei 
welchem er selbst nur gewinnen könne. In diesem Sinne ist die Depesche 
abgefaßt, welche Holland am 9. Mai durch seinen Gesandten, den Grafen 
Wylandt, in London übergeben ließ. Sie liest sich wie ein Notschrei gegen 
die beabsichtigte Einmischung Englands, Zum Schluß lehnt Holland die von 
der englischen Regierung vorgeschlagene Vermiltlung ab. Die Depesche macht 
im weitern darauf aufmerksam, daß die atschinesischen Häuptlinge nur durch 
strasse Geltendmachung der holläudischen Oberhoheit zur Nachgiebigkeit ge- 
zwungen werden könnten. Ein neuers Landfeldzug sei aber unthunlich, weil der 
Najah die Gefangenen einfach ins Innere des Landes schleppen würde; 
dagegen hoffe die holländische Regierung, ihren Zweck einfach durch eine 
Mlockierung Tenoms und der benachbarten Küste zu erreichen. Diese Blockie- 
rung dürfte die freien Handelsbewegungen beschränken, doch träfe der Schaden 
Holland ebenso sehr wie die übrigen Staaten. Granville wäscht dagegen der 
holländischen Negierung in einer Depesche vom 31. Mai gehörig den Kopf 
und gibt ihr heilsame Vorschriften über die Kolonialpolitik, die sie in Su- 
matra verfolgen solle. Das Gerede über die Entschädigungssumme, die der 
Najah von dem Kaufmanne fordere, sei eitel; der wahre Grund der Gefangen- 
nahme läge in der Hoffnung, durch die Freilassung den Wegjfall der Zoll= 
schranken zu erlangen, welche die holländische Regierung um seine Häsen ge- 
zogen. Unter diesen Umständen glaube England ein Recht zur Einmischung 
zu besitzen und Holland vorzuschlagen, die den atschinesischen Häsen auferlegten 
Handelsbeschränkungen aufzugeben. Daran knüpft Gramille eine Lektion 
über holländische Kolonialpolitik, die dem Freihandelsystem allerdings wider- 
streitet. J. Maj. Regierung — sagt Granville — habe aus den Berichten 
ihrer Beamten die Uberzeugung gewonnen, daß der jetzt jeit 13 Jahren mit 
Atschin geführte Krieg nicht zu Ende kommen könne, wenn die niederläu- 
dischen Behörden nicht die Einschräukungen in der Handelsfreiheit an der Rüste 
aufgäben, insbesondere wenn sie darauf beständen, den allgemeinen Handel 
an bestimmte Häfen zu binden und den Küstenhandel nur Schiffen von
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.