Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

10. Schweden und Norwegen. 
10. Januar. (Norwegen.) Das Neichsgericht nimmt den 
Prozeß gegen den Staatsminister (Ministerpräsident) Selmer wieder 
auf. Erst nach ihm sollen die übrigen Minister der Reihe nach 
dran kommen. 
17. Januar. (Schweden.) Eröffnung des Neichstags durch 
eine Thronrede des Königs. 
Die Thronrede macht einen ungemein wohlthuenden Eindruck, da 
sie zum erstenmale seit langer Zeit auf einen günstigen ökonomischen Zustand 
im Staatshaushalt hinweisen kann, so daß nicht nur von keinen Stener- 
brhöhungen – die sonst sast in jeder Thronrede angekündigt wurden — son- 
dern sogar von einer nicht unerheblichen Zollherabsetzung, auf die Einfuhr 
von Kaffee, die Rede sein lann. Nicht minder angenehm berührt es, daß 
keine Vorlage wegen der sog. großen vaterländischen Fragen, der Heeres= 
organisation und der Grundsteuerregulierung, zu erwarten ist, da diese F. Fragen, 
namentlich die erste, so vollständig abgedroschenes Stroh sind, ohne daß es 
auch nur möglich war, über die ersten Grundsäle zZur Einigkeit zu gelangen. 
Und dies wird wahrscheinlich auch nie geschehen, denn hier stehen sich die 
Interessen und Anschauungen zu schroff gegenüber. Die erste Kammer, die 
Urößtenteils aus Großgrundbesihern besteht, hält an der bestehenden Heeres- 
ordnung fest, weil der Großgrundbesiyz nicht die Lasten zur Verpflegung der 
Soldaten zu tragen hat, die dem Bauerngut obliegen; und die pweile Kammer, 
in welcher die „Landmannpartei" die Majorität bildet, möchte der Lasten 
wohl überhoben 22 sie befürchtet aber — nicht ganz mit Unrecht — daß 
die neuen Verpflichtungen, welche sie nach den ministeriellen NResormworschlägen 
übernehmen sollte, bedeutend grösier sein würden, al die jetzigen. Die Durch- 
führung dieser Pläue würde in der That die Kräfte des Landes weit über- 
steigen, ohne dabei etwas wirklich Gediegenes zu schaffen. Alles was jett 
bom Reichstag verlangt wird, sind Verbesserungen der bestehenden Heeres- 
ordnung, die als ganz unerläßlich bezeichnel werden, wie die Vermehrung 
der Mannschaft der Artillerie, der Aufang zur Ausstellung eines Trains und 
die völlige Umgestaltung der Intendantur. Die Summen, die dafür in An- 
spruch genommen werden, sind übrigen Fiemlich bedeutend, und es ist daher 
keineswegs ausgemacht, daß die Borschläge die Zustimmung beider Kammern 
erhalten werden. — Das vorgelegle Budget ist sehr befriedigend; die Ein- 
nahmen betragen 81,700,000 und die Ansgaben 79,833,180 Kronen, so daß 
ein Überschuß von 1.800. 820 Kronen entsteht, der teils dem allgemeinen 
Grundfonds des Reiches, teils einem zur Aufführung eines Reichstags= und 
Reichsbankgebändes bestimmten Fonds zufließen soll. Allerdings ist der günstige 
Schulibes. Gurop. Geschichtstalender. XXV. Bb. 23
	        
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