Schweden und Norwegen. (Febr. 27.) 355
schließlich um folgende drei Punkte: a! Hat der König in Sachen des nor-
wegischen Grundgesetzer ein absolutes Velo, obwohl dieses Geset# mit leiner
Silbe eines solchen Rechtes erwähnt: b' hat der König ein Veto in Be-
willigungssachen, obwohl dies im Grundgrsetze ebensowenig erwähnt ist, und
J) darf er einen Beschluß des Storthings in zwei Teile zerlegen, den einen
sanktionieren und den andern verwersen! Da die Rönigsmacht sich uun
seit mehr als zwanzig Jahren geweigert hat, sich den Wahlen zu unterwersen
— bei der letzten hatte sie von 114 Repräsentanten nur elwa 30 für sich
wurde das Reichsgericht notwendig. Turch allerlei Kunstgriffe hat nun die
Negierung diesen Prozeß ein halber Zahr lang in der Schwebe erhalten.
Wenn in aueländischen Zeitungen aus Christiania oder Stockholm geschrieben
wird, als ob der KRönig das Urteil des Reichs „gerichte nicht respektieren
würde, sobald die Verhandlungen nicht mehr in die Länge gesogen werden
können, muß ich sagen, daß dies offenbar nicht in Ubereinstimmung mit
dem Hofe geschrieben sein lann. Das norwegische Volk würde sich in dem-
selben Angenblicke seiner Eides ledig sühlen. Sollie man nach einer
solchen Natastrophe noch fernerhin eine Vereinigung mit Schweden
wünschen, dann müßte das. selbstverständlich au andere Bedingungen als
die des gemeinschaftlichen Königtums sein.“ Dem lrteil des Neichsgerichts
über die Minister wird allgemein mit banger Sorge entgegengesehen. Eine
Kalastrophe ist wenigstens nicht unmöglich. Ter zur Zeit tagende Ronvent
der Nadikalen, an dessen Spitze Sverdrup und Guam stehen, scheint in der
That bereit, eventuell Konvent zu spielen. Das Volksgefühl nennt ihn denn
auch nicht ohne Grund „Ober-Storthing“. So ist er auch wohl auf zufassen,
als höchste Antorität über Staalsgericht und NKammer. Diese Ansicht hat
eine mächtige Stütze in der Thatsache des Bestehens einer jörmlichen Storthings-
armee, der im Geheimen organisierlen Schützengilden, deren Stärke nicht genan
bekannt ist, da man nicht weiß, wie viele Gewehre privat angeschafft worden
sind. Ein Untergeneral dieser Armee hat die Zahl der in den letzteren Jahren
jährlich angeschafften Gewehre auf 1000 angegeben. Alles ist weither be-
rechnet, weither vorbereitet.
27. Februar. (Norwegen.) Der erste Akt des norwegischen
Ministerprozesses findet in der Verurteilung des Ministerpräsidenten
Selmer seinen Abschluß: das Urteil lautet auf Amtsentsetzung und
eine Geldstrafe von 18.225½ Kronen. Selmer hatte vorher erklärt:
„Die Grundregel, der ich Zu folgen mich bestrebt, seitdem Se. Mojestät
mich in seinen Nat berief, war die, nie dem Könige einen Schritt anzuraten,
wodurch er dem Storthing Hindernisse in der Ausübung seiner Rechte in
den Weg legte oder die Machtgrenzen des Slorthings überschritte: ihm (dem
Könige) solches abzuraten, habe ich in all' der Zeit, die ich die Ehre gehabt,
in dem Nate meines Königs zu sitzen, nicht entsernt nötig gehabt. Anderer-
seits sah ich es als meine ebenso unbedingte Pflicht an, über die der Königs-
macht durch das Grundgesehz gewährleisteten Vorrechte Zzu wachen und dem
Könige die Berücksichtigung von Beschlüssen, die nach sorgfältigster Forschung
des Staatsrates als Eingriffe in das Gebiet der ausübenden Macht angesehen
wurden, nicht anzuraten.“
Im Odelsthing bringen sofort sämtliche konservative Mit-
glieder (31) die schriftliche Erklärung ein, daß die den Staatsgewalten
im Grundgesetze eingeräumle Stellung und zugewiesenen Funktionen
durch ein Urteil des Reichsgerichts nicht abgesprochen werden könnten.
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