½02 Hulgarien. (Jan. 20 März 13.)
Der russische Agent Jonin scheint doch wieder Herr der Lage zu sein.
Wenigslene wird behauplet, daß er es sei, der den bulgarischen Minister--
präsidenten Zankow gezwungen habe, den Nücktritt seiner konservativen Kol-
legen Nalschewitich und Stoilow zu fordern. Der pauflavistische Agent rer-
sprach nämlich dem Führer des bulgarischen Liberalismus, ihn nach dem
Abgang der beiden bonserugtiven Minister zu unterstützen, und drohle zuglich,
im andern Falle die Radikalen unter Karawelow gegen ihn auszuspillen.
Die Herren Natschewitsch und Stoilow fügten sich daraufhin in ihr Schilsal;
der Fürst lonnte sie nicht gegen Jonin hallen, er mußte seine treuester An-
hänger preis Fgeben, um sich fortan auf Jankow allein zu stützen, der erst
jüngst aus der Verbannung berusen wurde. Diese nackten Thatsacen be-
weisen am besten, daß Rußland dem Fürsten Alerander von Bulgarien wieder
seine schwere Hand auf den Nacken gelegt hat und die Zwangslage des
Vattenberges unerbilterlich ausbentet, um alle Stützen eines nnabhängigen
bulgarischen Thrones niederzutrelen. Jonin verlang! auch die Unlerdrückung
der Zeitung la Vulgarie, welche mit ebensoviel Entschiedenheit wie Takt den
Grundsah „Bulgarien für die Bulgaren“ versicht. Nach den Minister-Ver-
änderungen erscheint die liberale Partei in zwei Lager gespalten; die ge-
mäßigten Liberalen unter Führung Zankows und # Iutransigenten mit
den aus Ost-Rumelien eingewanderten Exrministern Karawelow und Slaweikow
au der Spitze. Durch diese Spaltung wird die liberale Parkei ohne Zweifel
eine Schwächung erleiden und die lonfervative eine Stärkung ersahren. Lettere
ist entschlossen, das Kabinett, Zankow in seinem Kampfe gegen die Intrau-
sigenten zu unterstützen. Hr. Jonin dagegen wendrt seine moralische und
materielle Unterstützung den Intransigenten zu und hat sich auch eifrig, aber
ohne Erfolg bemüht, den Fürsten Alexander zur Aufnahme Karawelow's in
das Kabinelt zu bestimmen.
20. Jannar. Die Spannung zwischen dem Fürsten und der
russischen Regierung tritt neuerdings darin zu Tage, daß die letztere
gehn dem Fürsten wirklich ergebene russische Offiziere abberuft und
durch andere in ihrem Sinne ersetzt.
25. Jannar. Der neue kussische Kriegsminister Canlacuzene
trifft endlich in Sophia ein.
Ende Jannuar. Die Regierung richtet eine Nole an die Berliner
Signatarmächle, worin Vulgarien das Recht beansprucht, Handels-
verträge mit anderen Staaten abzuschließen, da die Pforte die alten
Handelsverträge mit den Mächten nicht erneuern wolle.
3. Februar. Der russische Agent Jonin nötigt die Regierung,
drei russische Unterthanen, die ihm mißliebig sind, auszuweisen.
Anf. März. Zwischen dem neuen russischen Kriegsminister
und der Regierung ist bereits eine Neihe von Difserenzen bez. Mili-
lärangelegenheiten eingetreten. ·
13. März. Der bisherige diplomatische Agent Rußlands in
Bulgarien Jonin geht, zum russischen Gesandten in Brasilien er-
nannt, dahin ab und wird durch den bisherigen Ministerresidenten
in Cettinje, Kojander, ersetzt.