Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

Fulgarien. (April — COltt. 27 303 
— April. Zahlreiche Versammlungen für eine Vereinigung 
des Fürstentums mit Ostrumelien. Die Mächte winken jedoch nach- 
drücklich ab. 
3. Juni. Ausbruch eines scharfen Konflikts mit Serbien (s. d.). 
8. Juni. Neuwahlen zur Sobranje. Dieselben sallen ent- 
schieden gegen das Ministerium Zankom aus, das daher seine Ent- 
lassung verlangt. Die Sobranje wird auf den 25. Juni einberufen. 
Bis dahin verschiebt der Fürst die Annahme des Enllassungs- 
gesuches Zankow. 
6. Juli. Eröffnung der Sobranje in Tirnowa. Minister- 
präsident Zankow unterhandelt wegen eines Kompromisses mil den 
Konservativen, um sich die durch die Wahlen in die Brüche ge- 
gangene Majorilät zu sichern, aber ohne Erfolg, so daß wohl Ka- 
rawelow mit seinen Nadikalen zur Kabineltsbildung berusen werden 
dürste. Die radikalen Führer Karawelow, Stoilow, Slaveikow, 
haben bereits den Letzgenannten ausgesendet, um dem Fürsten 
Alexander die Versicherung ihrer zweifellosen Ergebenheil darzu- 
bringen. 
1I4. Juli. Der Fürst genehmigt das Entlassungsgesuch Zankows 
und bildet wieder ein radikales Kabinett Karawelow. 
Diese beiden Staatsmänner sind es nämlich, welche sich mit seltener 
Regelmäßigkeit auf dem Posten der Minister-Präsidentenschaft ablösen. Eine 
Ausnahme in dieser Beziehung fand nur nach dem Staatsstreiche von Tirnowa 
statt, wo das sog. russische Generaleministerium ans Ruder gelangte. Dieser 
Wechsel vollzieht sich übrigene derart, daß, wenn Zankow die Zügel der 
Regierung ergreist, Karawelow in die Verbannung geht, und wenn Kara- 
welow an die Gewalt kommt, Zautow ins Eril wandert. Der einsige feste 
Pol in diesem Hinüber und Herüber ist der russische Kriegeminister, der auch 
jeder bulgarischen Regierung, dieselbe möge nun Zankow oder Karawelow 
heißen, die Signatur verleiht. Das letzte Ministerium Zankow wurde am 
D20. September v. J. berufen, brachte es daher nicht einmal Iu einjähriger 
Lebensdauer. Wie Tange es Hru. Karawelow, der die Verdrängung Zanlows 
nur durch eine Allianz mil den Konservativen zu Wege brachte, vergönnt sein 
wird, die Geschicke Bulgariens Zu leiten, wird die Zukunft lehren. 
27. Oktober. Eröffnung der ordentlichen Session der Sobranje 
in Sophia durch eine Thronrede des Fürsten. Dieselbe besagt im 
wesentlichen: 
Ich schäße mich glücklich, Ihnen sagen zu können, daß unser 
Land fortfährt, das Wohlwollen der Großmächte und ins besondere dasjenige 
Rußlands, dem wir unsere Befreiung verdanken, für sich zu haben. Meine 
Regierung wird es sich angelegen sein lassen, diese wohlwollenden Gesinnungen 
nicht zu verscherzen. Ich lebe der Zuversicht, daß einige Mißverständnisse 
und Meinnungsverschiedenheiten, die sich zwischen Nachbarstaaten und uns 
herausgestellt haben, beigelegt werden und demnächst wieder ein Normal- 
zustand eintreken wird. Erfrenlich ist die Lösung, welche die Zollfrage 
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