Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

Die deulsche Kolonialpolilik aach den offiziellen Weißbüchern. 439 
Note vom 31. Dezember v. J. beantwortet und die Nichtigkeit unserer Vor- 
aussehung anerkannt wird, daß die Gegend nördlich vom Oranje-Fluß mit 
Ausnahme der Walfisch-Bai und der früher namhaft gemachten Inseln vor 
Angra Peqnenna außerhalb der englischen Herrschaft liegen. Wir waren 
hiervon schon bei Stellung unserer Anfrage vom Dezember vorigen Jahres 
überzeugt und nehmen Akt von der englischen Anerkennung der Nichtigkeit 
unserer Boraussetzung. Diese Anerlennung schließt aber die Möglichleilt aus 
daß England dem Tentschen Reich oder einer anderen unabhängigen Macht 
in Bezug auf die Art, wie sie in jenen Landstrichen den Schutz ihrer Unter- 
thanen ausüben will, Bedingungen stellen konnte. Dennoch wird in der er- 
wähnten Note Lord Ampthills die Anerkennung des Nechts der deutschen 
Regierung, deutiche Unterthanen in einem anerkanntermaßen außerhalb der 
englischen Juriediktion liegenden Lande zu beschützen, an die Bedingung ge- 
knüpft, daß Deutschland zuvor Sicherheit gegen die Errichtung von Straf- 
anstalten auf irgend einem Teile jener Küste gebe. Es ist der britischen Re- 
gierung aus früheren Besprechungen belannt, daß die deutsche Regierung 
bieher niemals beabsichtigt hat und auch heute nicht beabsichtigt, Straf- 
kolonien anzulegen; aber das Verlangen, daß Deutschland sich in Ansübung 
zweifelloser eigener Rechte durch Bedingungen binde, welche eine andere 
Macht nach ihrem Ermessen stellt, ist ein außergewöhnliches. Bei den zahl- 
reichen Fällen, in welchen Eugland Ansiedelungen seiner Unterthanen unter 
den Schutz der britischen Regierung gestellt hat, sind meine# Wissens Be- 
dingungen ähnlicher Art niemals von England übernommen oder von frem- 
den Nationen England gegenüber gestellt worden. Es ist mir deshab uner- 
wartet gewesen, in der Note Lord Ampthills vom 19. d. M. die Anerkennung 
des Rechts des Deutschen Neiches, seine Angehörigen in überseeischen Ländern 
zu schüben, ausdxücklich an eine Bedingung der Art gelnüpft zu sehen, und 
ich vermag die übernahme der letzleren bei Sr. Majestäl dem Kaiser nicht 
zu befürworten. Die Anerlennung und Achtung der erworbenen Rechte 
britischer ünterthauen und der Schußz der Interessen dieser ist selbstverständ- 
lich und beruht auf den zwischen allen Mächten in Übung slehenden völker- 
rechtlichen Grundsätzen. Wenn über die Richtigkeit der Anwendung der letz- 
teren ähnliche Zweifel entstehen sollten, wie dies auf den Fidji-Inseln neuer- 
dings der Fall gewesen ist, so würde die Regierung Sr. Maj. des Kaisers 
in demselben Maße, wie von englischer Seite in dem erwähnten Falle beab- 
sichtigt wird, auch in jedem deutschen Schutzbezirke zu ähnlichen Maßregeln 
bereit sein, sobald der Fall streitiger Interessen eintritt. Ew Exzellenz wollen 
diese Ihre Instrultion dem Guafen, Hrauville vorlesen und ihm Abschrift 
derselben behändigen. (gez.) v. 
3. Bericht des Bosscheftere Gra Münster vom 8. August 1884 
(über die Aufnahme dieses Bescheides seitens des englischen 
Ministers des Auswärtigen 
„London, den 8. August Iss“. Lord Granville war diese Zeit mit 
der Konferen) und nachher mit der ägyptischen Frage so stark beschäftigt, 
daß ich ihn nicht oder nur flüchtig sehen konnte. Ich bin deshalb einige 
Tage länger hier geblieben, um mich ruhig mit ihm über Angra Pequenna 
und die Kongo= und Südseefragen unterhalten zu können. Gleich nach Em: 
pfang des Hohen Erlasses vom 24. Juli habe ich den Inhalt desselben Lord 
Granville am 27. Juli mitgeteilt und, dem mir erteilten Auftrag gemäß, 
Abschrift desselben hinterlassen. Ich hab e Lord Gramville keinen Zweifel 
darüber gelassen, wie ernst Eure, Durchlaucht diese Angelegenheit ansehen 
und wie sie auf die Beziehungen beider Länder zurückwirken kann. Lord 
Granwille wird durch Lord Ampthill der laiserlichen Regierung Antwort auf 
diesen Erlaß wohl zukommen lassen, hat mir aber mündlich folgendes darauf
	        
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