Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

Die deolsche Kolonialpolilib nach den osfiziellen Weißbüchern. 4½7 
Die deutschen Besitzungen in Afrika und in der Südsee. 
Folgendes ist eine möglichst vollständige Zusammenstel- 
lung der von Deutschland bis jetzt erworbenen Kolonial= 
gebiete: 
1. Groß Namaqna Land: 
a) Angra Pequenna (Lüderitzland) an der Westküste Afrikas 
vom Oranjefluß bis zum 26.5“ füdl. Vreite, 20 Meilen landein- 
wärts von jedem Punkt der Küste an gerechnet, nebst den 3 dazu 
gehörigen Inseln: Nobben-, Pinguin= und Haifisch-Insel hat einen 
Flächeninhalt von 900 deutschen Ouadratmeilen. Faktorei: Fort 
Vogelsang der Firma F. A. E. Lüderitz in Bremen. Der Hafen 
ist gut und eignet sich selbst für größere Kriegsschiffe. Schon 
lange suchen die in Bethanien und Berseba wohnenden Rheinischen 
Missionare die Einwohner des Landes, die Namas, zu christiani- 
sieren. Mit dem Häupiling derselben, dem Kapitän Josef Frede- 
ricks in Bethanien schloß Lüderitz den Kaufvertrag ab, infolge- 
dessen am 7. Angust 188.1 durch die Korvette „Leipzig“ (Korv.= 
Kapt. Herbig) unter Assistenz der Korvekte „Elisabeth“ (Kapt. zur 
See Schering) die deutsche Flagge aufgehißt wurde. Das Klima 
ist gesund, doch fehlt es an der Küste und in der viele Meilen 
nach dem Innern sich erstreckenden Sandwüste gänglich an Trink- 
wasser, welches per Schiff vom Kap hergebracht werden muß. 
b) Das östlich von Angra Pequenna gelegene, dem Kapitän Josef 
Fredericks gehörige Gebiet, einschließlich der Rheinischen Missions- 
stationen Bethanien und Berseba wurde von Lüderitz durch Ver- 
trag erworben und von General-Konful Nachtigal unter deutschen 
Schutz gestellt. c) Die Damara und Namaqua-Küste vom 26.5 
bis zum 18.° südl. Breite, dem Kap Frio, Grenze der portu- 
giesischen Besitzungen, mit Ausschluß der Walfischbai, welche eng- 
lisch ist, wurde von dem Kanonenboot „Wolf“ (Korv.-Kapt. von 
Naven) unter deutschen Schutz gestellt. Die Damaras und Hereros 
treiben Viehzucht in großem Maßstabe. Sie werden ebenso wie 
die Namas von Rheinischen Missionaren christianisiert. Der einzige 
gute Hafen an der sonst öden Küste, die Walfischbai, ist, wie 
bereits erwähnt, in den Händen der Engländer. 
2. Kamerun-Gebiet: 
An der Mündung des Kamerun-Flusses in der Südostecke 
des Golfes von Guinea, der Bai von Biafra reicht vom spanischen 
Städtchen Eyo 1 1½3°0 nördlicher Breite bis zur Mündung des 
Rio del Rey 4 ½0 nördlicher Breite mit Ausschluß der englischen 
Missionsstation Viktoria an der Ambas-Bai. (Bekanntlich ist 
30“
	        
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