Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

478 Uebersicht der polilischen Enlwichelung des Jahres 1884. 
eigentlich Eugland diese Forderungen auf sich nehmen und begleichen 
sollen, da jene entsetzliche Maßregel der englischen Flotte durch nichts 
gerechtfertigt und eine rein willkürliche war, England damals mit 
Aegypten in keiner Art von Kriegszustand sich befand, der solches 
Vorgehen gerechtfertigt hätte. England besann sich aber keinen 
Augenblick, seine Hände in Unschuld zu waschen und jene Ent- 
schädigungen Aegypten aufzulasten, das es sich wohl oder übel ge- 
fallen lassen mußte. Weiter schoben die Engländer in alle wich- 
tigeren Stellen der Regierung und Verwaltung, soweit es nur mög- 
lich war, Engländer ein und dekretierten denselben einen Gehalt, 
der mit den bescheidenen Besoldungen der ägyptischen Beamten in 
gar keinem Verhältnisse stand und das Land mit einer sehr erheb- 
lichen und noch mehr sehr empfindlichen Summe belastete. Endlich 
wurden auch die Unterhaltungskosten der englischen Okkupations-= 
truppen erst ganz, nachher wenigstens zur Hälfte Aegypten auferlegt. 
All das war für die ohnehin knappen Finanzen des Landes zu viel. 
Erst half sich die Regierung desselben durch kleine Anlehen auf kurge 
Zeit und als ihr Kredit auch dafür erschöpft war, war sie in 
Wahrheit bankerott und blieb ihr nichts anderes übrig, als einen 
unberechtigten Eingriff in die für die auswärtige Schuld bestimmten 
Summen zu machen, der sie für einige Zeit über Wasser hielt, gegen 
den aber die Mächte protestierten. So konnten die Dinge unmög- 
lich fortgehen, ohne daß England ein entschiedenes Eingreifen der 
Mächte nicht nur in die finangielle, sondern auch in die politische 
Seite der ägyptischen Frage befürchten mußte. 
Der Zudem war das nicht die eingige und nicht die größte Ver- 
Sgdn egenheit. an der England in Aegypten laborierte. Schon seit einiger 
Mahdi. Zeit sah sich Aegypten mit samt den Engländern vom Sudan her 
von dem dort aufgestandenen angeblichen Propheten, dem Mahdi, 
bedroht, der dort vielfachen Anklang gefunden und zahlreiche Scharen 
um sich versammelt hatte, welche nicht nur den seit Mehemed Ali und 
Ibrahim Pascha zu Aegyplen gehörigen und das große Hinterland 
desselben mit zahlreichen ägyptischen Garnisonen bildenden Sudan, 
sondern auch das Nildelta selbst ernstlich zu bedrohen schienen. Die 
ägyptische Regierung hatte daher noch in der zweiten Hälfte des 
Jahres 1883, ohne Zweifel im Einverständnis mit der englischen 
Regierung alle ihre Kräfte und Hilfsmittel zusammengerafft und 
ein ansehnliches Heer von ca. 10,000 Mann unter dem Kommando 
des Engländers Hicks Pascha ausgerüstet und abgesandt, um den
	        
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