484 Uebersicht der polilischen Enlwickelung des Jahres 1884.
über von den dortigen Häuptlingen angekauft hatte, die deutsche
Schutherrschaft bewilligt wurde. Faßt man alles zusammen, so
handelte es sich um Gebiete von einer so bedeutenden Ausdehnung,
wie sie der Macht des deutschen Reiches wohl anstanden und, zu-
mal als bloße Anfänge, um eine Ausdehnung seiner Machtstellung
über Meer, die im In= und Auslande Aufsehen erregen mußte.
Diffe- Trotzdem hätte die ganze Wendung in der Politik des deut-
en schen Reiches schwerlich das Aufsehen gemacht, das sie gemacht hat,
Teutsch-wenn der deutsche Reichskanzler nicht darüber in gewisse Differenzen
land mit England geraten wäre, welche ihr erst ihre Bedeutung gaben,
ugion wenigstens sie erst für alle Welt in ihr richtiges Licht stellten. Eng-
land wollte es anfangs gar nicht glauben, daß Deutschland seine
Augen auf eigene politische Interessen auch über Europa hinaus
richten könne, und wähnte, daß es auf dem europäischen Kontinent
mehr als genügend beschäftigt sei. Je geringer das Schwergewicht
war, das es unter den obwaltenden Umständen in die Wagschale
der kontinentalen Interessen zu werfen vermochte, um so zuversicht-
licher wähnte es außerhalb Europas ziemlich ungehindert schalten
und walten zu können, und was den europäischen Kontinent betraf,
so meinte es einem allzu großen Wachsen der deutschen Macht jeder-
zeit durch Frankreich und ein englisch-französisches Einverständnis
einen Dämpfer aufsetzen und ein hinreichendes Gegengewicht ent-
gegenstellen zu können, obgleich es Frankreich in Aegypten tief ver-
letzt hatte und ihm in Anam-Tongking auch nicht gerade freund-
schaftlich entgegenkam, sondern in China lebhaft gegen dasselbe
intriguierte. Bald mußte es sich übergeugen, daß Deutschland trotz
seines Verhältnisses zu Frankreich in Westafrika ernsthaft vorgehe
und von diesem Augenblicke an machte es ihm darin die möglichsten
Schwierigkeiten, wobei es zunächst allerdings von der Kapregierung
und seinen australischen Kolonien veranlaßt und unterstützt wurde.
Auf das Einzelne seiner Machinationen kann hier nicht näher ein-
gegangen werden; der Leser findet es einläßlich dargelegt im An-
hang über die deutsche Kolonialpolitik und in der dort mitgeteilten
diplomatischen Korrespondenz. Genug, das Vorgehen des deutschen
Reichskanzlers war so loyal und maßvoll, aber auch so nachdrück-
lich und zäh, daß Lord Granville gegen ihn nicht aufgukommen
vermochte, sondern diplomatisch nach dem eigenen Geständnis der
öffentlichen Meinung Englands den Kürzeren zog. Am Ende ließ
sich die englische Regierung zu den ausgesprochensten Versicherungen