Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 25—29.) 25 
25. Februar. (Preußen.) Der Fastenhirtenbrief des Fürst- 
bischofs Herzog von Breslau macht einiges Aufsehen. 
In scharfen Worten reklamiert dieser Kirchenfürst die weltliche Sou- 
veränetät des Papstes, und protestiert dagegen, daß durch unrechtmäßige Ge- 
walt der älteste Thron der Christenheit gestürzt und der oberste Hirte der 
gesamten Kirche der Willkür einer feindseligen Macht überantwortet werde. 
Der heilige Vater sei verlassen von denen, welche die Gewalt haben, dem 
Rechte die Wege zu ebnen. Es folgen Klagen über die Verwilderung der 
Gesellschaft; nach einem anerkennenden Worte für die letzten kirchenpolitischen 
Maßnahmen der preußischen Regierung aber sucht man vergebens. 
26. Februar. (Deutsches Reich.) Rußland überbietet sich 
förmlich im Ausdruck der innigen Beziehungen, welche neuerdings 
zwischen ihm und dem deutschen Reiche walten. Zu dem 70jährigen 
Jubiläum des deutschen Kaisers als Ritters des russischen St. Georgs- 
ordens schickt es den Großfürsten Michael mit einer zahlreichen mili- 
tärischen Deputation nach Berlin. Auch preisen jetzt dieselben russi- 
schen Blätter, deren Spalten von giftigen Angriffen gegen alles, 
was deutsch hieß, überflossen, jetzt die deutsch-russische Waffenbrüder- 
schaft der Freiheitskriege in geradezu überschwenglicher Weise. 
27. Februar. (Deutsches Reich.) Die Versammlung des 
deutschen Landwirtschaftsrates in Berlin folgt fast unmittelbar der 
Jahresversammlung der Steuer- und Wirtschaftsreformer ebenda- 
selbst. Die letztere erklärt sich für die Ausdehnung des Kranken- 
kassengesetzes auch auf die landwirtschaftlichen Arbeiter. Der erstere 
beschäftigt sich vornehmlich mit der Lage der bäuerlichen Grund- 
besitzer, wobei die Wiedereinführung des deutschen Anerbenrechtes 
vielfach in den Vordergrund tritt. 
29. Februar. (Deutsches Reich.) Bundesrat: Demselben 
geht nunmehr ein Gesetzentwurf betr. die Bewilligung von Mitteln 
zu Zwecken der Marineverwaltung im Betrage von 18,790,000 M., 
welche im Wege der Anleihe mittelst Schatzanweisungen aufzubringen 
sind. Die Summe soll verwandt werden zum Bau von 70 Torpedo- 
booten, einschließlich der dazu gehörigen Armierung, zur Herstellung 
einer unterseeischen Torpedobatterie an der Ostseeküste, zu einer An- 
lage für elektrische Beleuchtung der Werften in Kiel und Wilhelms- 
hafen, zur Vervollständigung der Kriegsbekleidung und ferner wird 
ein Mehrbedarf behufs Einstellung weiterer 900 Seeleute für die 
Rechnungsjahre 1884 bis 1887 gefordert. 
Der Vorlage ist zur Motivierung eine einläßliche Denkschrift bei- 
gegeben. In derselben wird als ein gutes Zeichen für das gesunde Wachs- 
tum des jungen Organismus der Marine geltend gemacht, daß, wenn auch 
neue Aufgaben hervortreten, dieselben doch nirgends zu einem Bruch mit der
	        
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