30 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März (6.)
Alter oder Invalidität erwerbsunfähig werdenden Arbeiter anzu-
streben. Die Erfüllung dieser Pflicht gegen die arbeitende Bevölkerung soll
in dieser die Segnungen der friedlichen Entwicklung des geeinten Vaterlandes
zum vollen Bewußtsein bringen, damit den auf den Umsturz göttlicher und
menschlicher Ordnung gerichteten Bestrebungen revolutionärer Elemente der
Boden entzogen und die Beseitigung der erlassenen Ausnahmemaßregeln an-
gebahnt werde. Die verbündeten Regierungen werden ihrerseits bemüht sein,
auf diesem Wege den Erwartungen und Zusagen zu entsprechen, welche die
Vorbereitung und den Erlaß des Gesetzes vom 21. Okt. 1878 begleiteten. —
In der Hoffnung auf Ihre eigene erfolgreiche Mitwirkung an diesem Werke
werden die verbündeten Regierungen Ihre Zustimmung zu einer Verlänge-
rung jenes Gesetzes, dessen Geltung mit dem 30. Sept. d. J. abläuft, nach-
suchen. — Durch das Krankenversicherungsgesetz werden einige Abänderungen
des Hilfskassengesetzes vom 7. April 1876 bedingt. Es wird Ihnen
daher der Entwurf einer entsprechenden Novelle zu diesem Gesetze vorgelegt
werden. — Die bei der Gründung und Verwaltung von Aktiengesell-
schaften hervorgetretenen Ausschreitungen und die dadurch herbeigeführten
Schädigungen des Volkswohlstandes haben das Vertrauen in die bestehende
Aktiengesetzgebung erschüttert. Nach der in der Sitzung des Reichstags vom
27. März 1873 gegebenen Anregung ist die Erkenntnis von der Notwendig-
keit einer Abänderung des Gesetzes vom 11. Juni 1870 in weiten Kreisen
zur Anerkennung gelangt. Der infolge dessen aufgestellte Gesetzentwurf,
welcher Ihrer verfaffungamäßigen Beschlußfassung unterbreitet werden wird,
bezweckt die Abstellung der hervorgetretenen Mißstände und nimmt zu diesem
Ende insbesondere die Verschärfung der Verantwortlichkeit aller bei der Grün-
dung, Leitung und Beaufsichtigung von Aktienunternehmungen beteiligten
Personen sowie die Herbeiführung einer wirksamen Kontrolle über die Ver-
waltung der Aktiengesellschaften in Aussicht. — Die im Jahre 1882 dem
Reichstage vorgelegten Gesetzentwürfe, welche die Zuwendung der durch das
Gesetz vom 20. April 1881 den Witwen und Waisen der Reichs-
beamten gewährten Fürsorge auch an die Hinterbliebenen von Angehörigen
des Reichsheeres und der Marine, sowie im Anschlusse an das in Preußen
geltende Pensionsrecht eine Verbesserung des Pensionswesens für Reichsbeamte
und Offiziere in Aussicht nahmen, sind damals zur Verabschiedung nicht ge-
langt. Die Verhältnisse, welche zu diesen Entwürfen geführt haben, bestehen
unverändert fort und wird der Inhalt derselben Ihren Beschlüssen von neuem
unterbreitet werden. — Die Beziehungen des Reiches zum Auslande bilden
für Se. Maj. den Kaiser einen Anlaß hoher Befriedigung, besonders im
Rückblick auf alle Befürchtungen und Vorhersagungen, welche nach der Neu-
bildung des deutschen Reiches den friedliebenden Charakter seiner Politik in
Zweifel gestellt haben. Die Gleichheit der friedliebenden Gesinnung, welche
die uns benachbarten und befreundeten Mächte beseelt, begründet zwischen
ihnen und uns eine Solidarität, welche die Erhaltung des Friedens nicht
nur für Deutschland nach menschlicher Voraussicht als gesichert erscheinen
läßt. Die Befestigung der ererbten Freundschaft, welche Deutschland und
seine Fürsten mit den benachbarten Kaiserhöfen verbindet, und die Aufnahme,
welche Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz in Vertretung
Sr. Majestät des Kaisers in Italien und Spanien gefunden hat, beweisen,
daß dem Ansehen der deutschen Nation im Auslande das Vertrauen der
Fürsten und der Völker auf unsere Politik zur Seite steht. Se. Majestät
der Kaiser rechnet darauf, sich, dieses Vertrauen und Deutschland den Frieden
mit Gottes Hilfe zu erhalten."
6. März. (Bayern.) II. Kammer: genehmigt mit 110 gegen