Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

52 Das deulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 24.) 
 
völkerung dem vaterländischen Seedienste vollständiger zu erhalten; die 
deutschen Postdampfer würden an ihrem Teile eine Pflanzstätte und Schule 
bilden, um der deutschen Kriegsmarine in vermehrtem Umfange geeignete und 
bewährte Schiffsmannschaften zuzuführen. Daß außerdem die deutschen Post- 
dampfer nach ihrer Größe und Einrichtung in Fällen des Krieges be- 
rufen und geeignet sein möchten, die Zwecke der Kriegsmarine als Kreuzer, 
Avisos etc. wirksam zu unterstützen, und daß der Bedarf an Postdampfern 
den deutschen Schiffswerften vermehrte Gelegenheit zur Schiffsbauthätig- 
keit bieten würde, dürfte selbstverständlich sein. Es ist die Absicht, zur Be- 
lebung des Verkehrs zwischen Deutschland und überseeischen Ländern folgende 
Postdampferlinien einzurichten: lI. Für den Verkehr mit Ostasien: a) eine 
Hauptlinie zwischen Hamburg bezw. Bremerhaven und Hongkong über Rotter- 
dam bezw. Antwerpen, Neapel, Port-Said, Suez, Aden, Colombo, Singa- 
pore; b) eine Zweiglinie zwischen Hongkong und Yokohama über Sanghai, 
Nagasakl und einen noch zu bezeichnenden Hafen in Korea. II. Für den 
Verkehr mit Australien: a) eine Hauptlinie zwischen Hamburg bezw. 
Bremerhaven und Sydney über Neapel, Port-Said, Suez, Aden, King Georges 
Sound, Adelaide und Melbourne (für die Hinfahrt könnte unter Umständen 
der Weg über Lissabon, Kap Verd und Kapstadt vorzuziehen sein); b) eine 
Zweiglinie von Sydney  über Auckland, Tonga-, Samoa-Inseln und Brisbane 
zurück nach Sydney. Die Zuführung und Ablieferung per Post erfolgt in 
Neapel bezw. Lissabon." 
Der Bundesrat erteilt der Vorlage unter dem 16. Mai seine 
Zustimmung mit kleinen Veränderungen, die darauf hinauslaufen, 
dem Reichskanzler bei der Ausführung des Projektes mehr freie 
Hand zu lassen. 
24.—25. April. (Deutsches Reich.) Reichstag: Erste Be- 
ratung des Gesetzentwurfs über die Fürsorge für Relikten von An- 
gehörigen des Reichsheeres und der Marine und Uberweisung des- 
selben an eine Kommission von 21 Mitgliedern. 
v. Bernuth (nationallib.) befürwortet die kommissarische Beratung 
und erklärt, seine Fraktion halte auch jetzt, wie im Vorjahr, an beiden in 
der Kommission vereinbarten Grundsätzen fest: erstens das Diensteinkommen 
der Offiziere von der Kommunalbesteuerung freizulassen, nicht aber die Re- 
vennen aus Privatvermögen; zweitens soll die günstigere Lage der Pensio- 
nierten nicht bloß den Kampfgenossen von 1870.71 zugute kommen, sondern 
auch weiter zurück rückwirkende Kraft haben. Der Kriegsminister bedauert, 
den Widerspruch gegen diese Anträge der Kommission aufrechterhalten zu 
müssen und auch Moltke spricht sich gegen dieselben aus. Mit Ausnahme 
der Konservativen sind jedoch alle Fraktionen dafür. 
Der Reichstag erklärt die Wahl des Konservativen v. Lynker 
in Gumbinnen und die Wahlmännerwahlen in Angerburg für ungültig 
wegen ungehöriger Beeinflussung der Wahlen durch den Regierungs- 
präsidenten Steinmann und fordert die Regierung auf, etwaige Über- 
schreitungen der Amtsbefugnisse zu ahnden und dem Hause die be- 
treffenden Maßnahmen mitzuteilen. 
Der Minister des Innern v. Puttkamer verteidigt die Handlungsweise 
des Regierungspräsidenten: Steinmann sei zu einer formalen Änderung der
	        
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