Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Oktbr. 10.) 135
erst nach mehrjährigen Verhandlungen durch das Madrider Protokoll vom
7. März d. J. festgestellt und in das internationale Recht aufgenommen
worden ist. Wenn die königlich spanische Regierung demnach behauptet, daß
die vorliegende Frage denselben Charakter habe wie der Streitfall wegen des
Sulu-Archipels, so ist diese Behauptung insofern zutreffend, als auch hin-
sichtlich der Sulu-Inseln keine Souveränetät Spaniens ab antiquo bestand,
sondern erst in diesem Jahre durch Vertrag hergestellt worden ist. Wie weit
noch im Jahre 1882 die königlich spanische Regierung entfernt war, über
die Pelew- und Karolinen-Inseln eine solche Sonveränetät zu beanspruchen,
ergibt auch der folgende Vorfall: Im Jahre 1882 hat ein englisches Ge-
schwader eine Expedition nach den Pelew-Inseln unternommen und die Ein-
gebornen für die Unbill gezüchtigt, welche sie zwei Jahre vorher englischen
Schiffbrüchigen zugefügt hatten. Obwohl diese Expedition, deren Zweck und
Erfolg in Manila bekannt war, stattgefunden, hat die spanische Regierung
diesen Akt der Autorität, welcher, wenn jene Inseln spanisches Gebiet wären,
einen flagranten Eingriff in die Souveränetät Spaniens enthalten haben
würde, ohne jeden Widerspruch geschehen lassen. Dem Bittschreiben vom
29. September 1884, in welchem verschiedene Bewohner der Insel Yap den
Gouverneur der Philippinen um Entsendung eines Verwaltungsbeamten und
eines Geistlichen ersuchen, legt die königlich spanische Regierung eine Bedeu-
tung bei, welche die kaiserliche Regierung nicht zuzugestehen vermag. Der
Haupturheber jenes Gesuchs, Mr. Holcombe, hat, wie sich aus einem im
„Resumen“ veröffentlichten Bericht des Lieutenants Romero vom „Valesco“
ergibt, ein Interesse daran, die spanische Herrschaft auf der Insel herzustel-
len, um dadurch einer ihm von englischer Seite angedrohten und von den
Gerichten seiner nordamerikanischen Heimat möglicherweise bevorstehenden Ver-
antwortung für strafbare Handlungen zu entgehen. Wenn in diesem Bitt-
schreiben die Gesuchsteller versprechen, dem spanischen Gouverneur zu gehor-
chen, so ergibt sich daraus, daß sie bisher eine solche Verpflichtung mangels
vorhandener spanischer Souveränetät nicht anerkannt haben. Die königlich
spanische Regierung legt noch besondern Wert dem Umstande bei, daß das
Gesuch hauptsächlich von Fremden gestellt wurde, während sich die kaiserliche
Regierung grade deswegen des Zweifels nicht erwehren kann, daß die Bitte
von Leuten gestellt wurde, welche zu einer Verfügung über die Inseln keine
Berechtigung haben. Auch die im Februar d. J. dem Kommandanten des
„Velasco"“ gegenüber angeblich ausgesprochenen Wünsche von Eingeborenen
der Insel Yap, unter spanische Oberhoheit zu gelangen, lieferten nur einen
neuen Beweis, daß diese Oberhoheit bis dahin nicht bestanden hat, dafür
aber, daß diese Eingeborenen sich damals Sr. Majestät dem König von
Spanien wirklich unterworfen hätten, fehlt es an jeder urkundlichen Grund-
lage. Dies ist um so auffallender, als der erwähnte Kommandant bezüglich
Koror einen Unterwerfungsvertrag abgeschlossen haben will. Der letztgedachte
Vertrag scheint aber mehr als eine Friedensvermittlung zwischen den Königen
Abbathule und Ana Klaye (Ara Klao) zum Gegenstand gehabt zu haben,
als eine Unterwerfung beider unter spanische Oberhoheit. In keinem Falle
aber würde diesen Königen über andere als ihre eigenen kleinen Gebiete ein
Verfügungsrecht zugestanden haben.
Die gedachte Expedition des „Velasco“, die dem General-Kapitän der
Philippinen erteilte königliche Ordre, von Yap Besitz zu ergreifen, sowie die
Erwähnung des zur Errichtung eines Gouvernements daselbst erforderlichen
Kredits in der Madrider Zeitung vom 29. Juli d. J., alle diese Umstände
beweisen nur, daß die königlich spanische Regierung sich in dem Besitz, den
sie zu erwerben beabsichtigte, noch nicht befand. Wäre letzteres der Fall ge-
wesen, so würde die kaiserliche Regierung niemals versucht haben, den Besitz