6 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 9.—10.)
und erklärte, daß weitere Aufschlüsse über die Verwendung der
Summe in der Kommission nicht gegeben werden könnten, in nament-
licher Abstimmung mit 135 Stimmen (Zentrum, Freisinnige, Polen,
Welfen und Sozialdemokraten) gegen 128 (Nationalliberale und
Konservative) an die Kommission zurück.
9. Januar. (Kamerun.) In Berlin treffen die ersten Nach-
richten über die Kämpfe bei Kamerun ein. Die Depesche des Kontre-
Admiral Knorr, des Chefs des westafrikanischen Geschwaders, lautet:
„Bismarck“, „Olga“ haben am 20., 21. und 22. Dezember auf-
rührerische Negerparteien in Kamerun mit Waffengewalt niedergeschlagen.
Mehrere Häuptlinge und größere Zahl ihrer Krieger gefallen, vertrieben
oder gefangen, Ortschaften vernichtet. Unter schwierigen klimatischen und
Terrainverhältnissen Haltung der Truppe vorzüglich. Diesseitige Verluste:
Olga-Matrose Bugge tot; vier schwer, vier leicht verwundet; unter letzteren
Unter-Lieutenant von Ernsthausen, Autorität der Flagge und Ruhe am Ort
wieder hergestellt. Die ausführlichere Meldung der „Kölner Ztg.“ lautet:
Unsere Kriegsschiffe „Bismarck“ und „Olga“ langten am 18. Dezember in
Kamerun an, und landeten am 20. daselbst 330 Mann mit vier Kanonen,
weil Hickorytown und Yoßtown den König Bell verjagt, die Kaufleute
bedroht und Belltown verbrannt hatten. Hickorytown wurde bei geringem
Widerstande ohne Verlust genommen. Ein Offizier der „Olga“, Riedel,
welcher erfahren hatte, daß die Yoßleute Wörmann's Agenten, Pantenius,
gefangen genommen, beschloß, mit seiner Abteilung dessen Rettung zu ver-
suchen. Unter heftigem Feuer landete die Abteilung in Belltown und stürmte
einen hundert Fuß hohen Abhang mit Verlust von einem Toten und sieben
Verwundeten. Sechzig Mann hielten das Plateau zwei Stunden lang gegen
400 aus Buschwerk und englischen Missionen feuernde Feinde. Die Munition
wurde knapp, als Unterstützung vom „Bismarck“ anlangte; Yoßtown wurde
mit Hurrah gestürmt und niedergebrannt. Inzwischen ermordeten die
Empörer Pantenius. Nach Verlust von 20 Toten und vielen Verwun-
deten, darunter vier Häuptlingen, entkam der Feind ins Innere. Am 21.
Dezember wurde das verödete Yoßtown abermals besetzt, am 22. bombardierte
die „Olga“, den Fluß befahrend, Hickorytown. Die Ordnung ist jetzt völlig
hergestellt. Die Neger beginnen die bethörten Genossen auszuliefern. Eine
Bekanntmachung des Admirals verbietet den Waffenverkauf und droht weißen
Helfern der Empörung mit Ausweisung.
10. Januar. (Kolonialpolitik.) Reichstag: bewilligt den
Nachtragsetat, welcher 180000 M zum Bau eines Küstendampfers
und einer Dampfbarkasse für den Gouverneur von Kamerun fordert,
in erster und zweiter Lesung mit großer Mehrheit. Dagegen stimmt
nur ein kleiner Teil des Zentrums.
Die Regierung fordert diese Summe in der Form des Nachtrags-
Etats für 1884/85, weil der Bau des Dampfers sofort in Angriff genommen
werden soll. Trotzdem beantragt der Abg. Windthorst Überweisung der
Vorlage an die Budgetkommission, zieht jedoch den Antrag zurück, nachdem
der Abg. Richter sich gegen denselben ausgesprochen hat, und erklärt, daß er
die Position bewilligen, sich im übrigen aber durch diese Abstimmung in keiner
Weise für die Kolonialpolitik engagieren wolle. „Meine Bewilligung gilt