174 Die Oeferreithish-Angarische Meonarhie. (Februar 6—23.)
Präfident genötigt, am 2. Februar die Verfügung zu modifizieren und den
Journalisten den Zutritt zu den Gängen teilweise wieder zu gestatten.
6. Februar. (Osterreich: Congrua-Vorlage.) Abg.-Haus:
nimmt die Vorlage in zweiter Lesung mit der Modifikation an, daß
das Gesetz nicht successive, sondern im ganzen mit dem 1. Januar
1886 in Kraft treten soll.
Das Gesetz bezweckt eine Aufbesserung der pekuniären Lage der niede-
ren Geistlichkeit; es belastet das Budget mit nahezu 1,8 Millionen Gulden.
Die Debatte führt zu lebhaften Auseinandersetzungen über den Religions-
fonds (ca. 70 Millionen Gulden). Die Rechte reklamiert denselben als reines
Kirchenvermögen und fordert die Regierung durch Resolutionen auf, „im
Einvernehmen mit den Bischöfen festzustellen, wieviel aus den kirchlichen
Fonds zum Zwecke der Dotation der katholischen Seelsorge-Geistlichkeit ver-
wendet werden könne“; die Linke dagegen behauptet, daß der Religionsfonds
ein zu kirchlichen Zwecken bestimmter Staatsfonds sei. Der Kultusminister
lehnt ein Eingehen auf diese prinzipielle Frage ab; der Religionsfonds sei
ein Teil des Staatsbudgets, und haben daher für denselben alle Bestimm-
ungen zu gelten, die im übrigen Staatsbudget in der Einstellung des Er-
fordernisses und der Bedeckung zum Ausdrucke kommen. Die Regierung sehe
die Notwendigkeit nicht ein, aus Anlaß der Beratung der Kongruavorlage
die Frage des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche aufzurollen.
6. Februar. (Ungarn: Budget.) Abg.-Haus: genehmigt
mit 229 gegen 140 Stimmen das Budgetgesetz für 1885.
10. Februar. (ÖOsterreich: Krankenversicherung.) Im
Abg.-Hause wird die Vorlage, betr. die Krankenverficherung der Ar-
beiter, eingebracht.
Das Gesetz beruht ganz auf den Prinzipien des deutschen Kranken-
Versicherungsgesetzes. Es bestimmt, daß die Arbeiter, welche nach dem Gesetze
über die Unfallversicherung gegen Betriebsunfälle versichert sind, auch gegen
Krankheit versichert werden. Die Einbeziehung der im land= und forstwirt-
schaftlichen Betriebe beschäftigten Arbeiter in die Krankenversicherung erfolgt
nach Anhörung des Landeskulturrates durch eine Entscheidung des Ministers
des Innern. Als Kranken-Unterstützung ist zu gewähren die ärztliche Be-
handlung, sowie die Heilmittel, vom dritten Tage der Krankheit für jeden
Tag ein Krankengeld in der Höhe der Heälfte des ortsüblichen Taglohnes,
für den Todesfall ein Sterbegeld im zwanzigfachen Betrage des Taglohnes.
Die Dauer der Kranken-Unterstützung wird im allgemeinen auf mindestens
13 Wochen, bei Wöchnerinnen auf drei Wochen festgestellt. Das Gesetz be-
stimmt auch die Fälle, wo an Stelle der freien ärztlichen Behandlung
die Uberweisung in ein Krankenhaus erfolgen kann. In den gesetzlichen Be-
stimmungen ist nur das Minimum des Krankengeldes festgesetzt, die Ver-
sicherungskassen können jedoch derart errichtet werden, daß eine Erhöhung
dieses Krankengeldes vorgesehen ist. Die Versicherung erfolgt durch Bezirks-
Krankenkassen, durch Betriebs-Krankenkassen, durch Bau-Krankenkassen, durch
Genossenschafts-Krankenkassen, durch Vereins-Krankenkassen.
10.—23. Februar. (Ungarn: Oberhausreform.) Unter-
haus: nimmt nach zwölftägigen Verhandlungen die Vorlage betr.
die Reform des Oberhauses in zweiter Lesung mit 233 gegen 157
Stimmen an; 61 Abgeordnete fehlen.