Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

Die Seferreithisch-Angarische Monarchie. (Februar 13. —25.) 175 
Das ungarische Oberhaus (Magnatentafel) besteht aus etwa 900 Mit- 
gliedern, und zwar den Prinzen, den römisch= und griechisch-katholischen und 
den griechisch-orientalischen Bischöfen, den Reichsbaronen, den Obergespänen 
der Komitate und sämtlichen großjährigen Fürsten, Grafen und Freiherrn 
des Königreichs. Der Zweck der Reformvorlage ist, die Zahl der Mitglieder 
der letzteren Kategorie, welche größtenteils aus Personen ohne Besitz und 
ohne politischen Einfluß besteht, zu beschränken, indem die Mitgliedschaft an 
ein Grundsteuer-Minimum von 3000 fl. geknüpft wird; andrerseits aber das 
Gewicht und das Ansehen, sowie die Arbeitskraft des Oberhauses durch Ein- 
führung des Instituts der auf Lebenszeit vom König zu berufenden Mit- 
glieder zu erhöhen. Nach dem Entwurf soll die Zahl der erblichen Mit- 
glieder auf etwa 230 beschränkt werden; dazu sollen etwa 70 kirchliche Wür- 
denträger und hohe Staatsbeamte kommen; endlich soll der Krone das Recht 
ztehen, 100 Mitglieder auf Vorschlag der Regierung auf Lebenszeit einzu- 
erufen. 
13. Februar. (Osterreich: Gebührennovelle.) Das Abg.= 
Haus beschließt mit 160 gegen 135 die Zurückverweisung der Vor- 
lage an den Ausschuß. 
Die Gebühren-Novelle, welche schon seit 5 Jahren einen Gegenstand 
der Beratung bildet, enthält eine Börsensteuer, Bestimmungen über Stempel- 
pflicht der kaufmännischen Korrefpondenz, Erhöhung der Eintragungs= und 
Uebertragungs-Gebühren beim Besitzwechsel von Realitäten, dann Steigerung 
der Stempel im Versicherungswesen, in der Rechtspflege u. s. w. 
Nach einer Rede des Finanzministers, welcher Eingehen in die Spe- 
zialdebatte empfiehlt, wird der Antrag Ruf angenommen, den vorliegenden 
Gesetzentwurf zur Milderung der Härten betreffs der Realitätenbesitzer und 
der Gewerbetreibenden, dagegen behufs bedeutend höherer Besteuerung der 
Börsengeschäfte an den Ausschuß zurückzuweisen und den Gebührenausschuß 
aufzufordern, die die Börsensteuer betreffenden Paragraphen zusammenzufassen 
und mit aller Beschleunigung vorzulegen. 
Die Zurückverweisung bringt die seit längerer Zeit unter den Frak- 
tionen der Mehrheit bestehenden Gegensätze zum Ausdruck. Ein großer Teil 
der Czechen enthält sich der Abstimmung, die deutsch-klerikalen Bauern stim- 
men mit der Opposition. Die Hoffnung der Opposition, daß diese Vorgänge 
zu einem dauernden Zerfall der ministeriellen Mehrheit führen würden, geht 
jedoch nicht in Erfüllung. (Vgl. 4. März.) 
19. Februgr. (Böhmen.) Bei der Wahl zur Pilfsener 
Handelskammer werden 25 Czechen und 11 Deutsche gewählt. 
19. Februar. (Osterreich: Wahlgerichtshof.) Abg.-Haus: 
Graf Caronini beantragt die Einsetzung eines Wahlgerichtshofes. 
Der Antrag will die Entscheidung über die Verifikation der Wahlen 
einem unabhängigen, politisch neutralen Gerichtshofe übertragen, der aus Mit- 
gliedern der drei höchsten Gerichte des Reiches, dem Obersten Gerichtshofe, 
dem Reichsgerichte und dem Verwaltungs-Gerichtshofe, durch das Los zusam- 
mengesetzt werden soll. 
25. Februar. (OÖsterreich: Getreidezölle.) Abg.-Haus: 
verweist den Antrag Richter und Genossen (von der vereinigten 
Linken), betr. die Getreidezölle, an den volkswirtschaftlichen Ausschuß. 
Der Antrag lautet: „In Erwägung, daß die Landwirtschaft Oster=
	        
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