Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

182 Nie Gesterreichisch-Augerische Monarchie. (März 27.— April 8.) 
mit bei dem bevorstehenden Schluß der Session die Erledigung der Vorlage 
unmöglich gemacht wird. Nachdem dieser Antrag mit 155 gegen 147 Stim- 
men abgelehnt, verlassen die Abgeordneten der Linken den Saal. 
27. März. (Ungarn: Oberhaus-Reform.) Oberhaus: 
nimmt die Vorlage betr. die Oberhaus-Reform nach den Anträgen 
des Ausschusses an. 
Im Ausschuß ist zwischen den opponierenden Magnaten und dem 
Ministerpräsidenten durch Vermittelung des Grafen Julius Andrassy der 
folgende Kompromiß zu stande gekommen: die Zahl der zu ernennenden 
Mitglieder wird von 170 auf 50 herabgesetzt, wovon 30 sofort nach dem 
Inslebentreten des Gesetzes zu ernennen find, die anderen 20 jedoch in Grup- 
pen zu 5 per Jahr, so daß die volle Zahl von 50 Ernannten binnen vier 
Jahren erreicht wird. Gleichzeitig werden jedoch weitere 50 Mitglieder ein- 
für allemal durch das Oberhaus selbst aus der Reihe derjenigen gewählt, 
die bisher Sitz und Stimme im Oberhause hatten, diese aber infolge des 
neuen Gesetzes verlieren würden. Dazu kommen 210 Magnaten, welche über 
3000 Gulden Grundsteuer zahlen und 26 Bischöfe; der im Entwurf vorge- 
sehene Vertreter der jüdischen Religion wird gestrichen. 
Über die Kompetenz des Oberhauses bestimmt das Gesetz: Der Rechts- 
kreis der Magnatentafel bleibt der bisherige; auch bezüglich der Initiative 
bleibt die bisherige Praxis so lange aufrecht, bis durch ein besonderes Gesetz 
darüber entschieden sein wird, welche Angelegenheiten in beiden ½ der 
Fagielntte und welche ausschließlich nur im Abgeordnetenhause zu initi- 
ieren sind. 
28. März. (Osterreich.) Fürst Friedrich von Schwarzen- 
berg, Kardinal und Fürst-Erzbischof von Prag ##.6 
Ende März. (Steiermark.) In Graz wird die projektierte 
öffentliche Bismarckfeier verboten. 
Trotzdem wird ein Festkommers der akademischen Ortsgruppe des 
deutschen Schulvereins abgehalten, bei welchem ein Student den Fürsten 
Bismarck in einer Rede feiert. Der Redner wird zu einer 14tägigen Arrest- 
strafe verurteilt. 
In der Begründung des Urteils heißt es: „Der Angeklagte hat in 
seiner Rede keinen Grund angegeben, warum er gerade den Fürsten Bismarck 
feiere. Bei dem Festkommers der akademischen Ortsgruppe des deutschen 
Schulvereins war kein Anlaß, ein Hoch auf Bismarck auszubringen; wenn 
dies dennoch geschah, so ist dies eine Demonstration gegen die Regierung und 
gegen Osterreich, also auf Grund des § 11 der Polizeiordnung vom Fahrt 
1854 strafbar."“ 
6. April. (Methodiusfeier.) In Wellehrad beginnt die 
tausendjährige Gedenkfeier des Slaven-Apostel Methodius (angeblich 
am 6. April 885 in Wellehrad 4). 
Die Feier geht weit über den Rahmen einer kirchlichen Feier hinaus. 
Die flavischen Wortführer versuchen der Feier einen slavisch-nationalen Cha- 
rakter zu geben, für die slavisch-katholische Einheits-Idee, für eine Art austro- 
katholischen Panslavismus Propaganda zu machen. 
8. April. (Zollnovelle.) Das gemeinsame Ministerium
	        
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