Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

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daß sich der Verein in interne Angelegenheiten nicht mische, ist also keinerlei 
Notwendigkeit vorhanden. Die Antwort wird zur Kenntnis genommen. 
17. Mai. (Böhmen: Wahlaufruf.) Die in Prag tagende 
Parteiversammlung der Vertrauensmänner der deutsch -liberalen 
Partei in Böhmen, welcher außer den alten Parteiführern auch 
Repräsentanten der neuen „schärferen Tonart“ beiwohnen, führt zu 
einer Einigung über die aufzustellenden Kandidaten. 
Die Versammlung erläßt einen von Plener verfaßten Wahlaufruf 
an das deutsche Volk in Böhmen, welcher nach Aufzählung der in Böhmen 
gegen die Deutschen ergriffenen Maßregeln mit folgenden Worten schließt: 
„Um diese hier und im Rechenschaftsberichte der vereinigten Linken besprochenen 
Ziele wogt der öffentliche Kampf der letzten sechs Jahre und die hieran sich 
reihende neue Parlamentsperiode kann nur die Fortsetzung dieses Kampfes 
sein. Wohl werden wir ihn wieder aufnehmen mit dem alten ungebeugten 
Mute, allein die Zahl unserer Streiter wird geringer sein. Diesen Ausfall, 
herbeigeführt durch die gegen unseren Widerstand durchgesetzten Anderungen, 
in den Wahlordnungen der Prager Handelskammer und des Abgeordneten- 
hauses müssen wir zu ersetzen wissen durch Entschiedenheit, Pflichttreue und 
Einigkeit, und bei der bevorstehenden Wahlaktion thätige Sorge dafür tragen, 
daß uns kein Wahlplatz entrissen werde, der unserem Stamme zugehört. 
Deutsche in Böhmen! Ihr kennt die Lage und die euer Stammeswesen be- 
drohenden schweren Gefahren. Längst vorbei sind die Zeiten der halben un- 
entschiedenen Gesinnungen und an jedem von euch ist es, den ganzen Mann 
zu stellen. Als die alten unerschrockenen Streiter tretet in die Schranken 
für Deutschtum, des Reiches Einheit und gutes Recht, und bekundet vor aller 
Welt durch einmütige Wahl der euch vorgeschlagenen Männer, das ihr wert 
seid, Deutsche zu sein! Deutsche in Böhmen, seid einig und stark!" 
Bei der Aufstellung der Kandidaten wird der radikaleren Strömung 
in so fern Rechnung getragen, als die Führer der deutsch-nationalen „schär- 
feren Tonart", Knotz, Strache, Krzepek und Pollak, als Kandidaten aufge- 
stellt werden. Auf deutsch-liberaler Seite ist man vor allem von der That- 
sache befriedigt, daß eine Einigung zwischen der radikaleren und gemäßigteren 
Strömung erzielt und die gegenseitige Bekämpfung deutscher Kandidaten ver- 
mieden wird. Mit dem Preis, um welchen diese Einigung erzielt worden, 
der stärkeren Hervorkehrung des nationalen Moments und der Aufstellung 
einer ganzen Reihe von Kandidaten der „schärferen Tonart"“, ist man aber 
nicht allgemein vollständig zufrieden. So konstatiert die „N. Fr. Pr.", in 
dem Wahlaufruf gebe es keine Fragen mehr, sondern nur noch eine Frage: 
die nationale. Die Deutschen in Böhmen seien auf einem Punkte angelangt, 
an dem es kein anderes politisches Ziel mehr für sie gibt, als die Verteidi- 
gung ihres Volkstums. Die Vertrauensmänner des deutschen Volkes in 
Böhmen wüßten, daß die Wählerschaft, an die sie sich wenden, stumpf sei 
für alles, was nicht mit ihrem nationalen Empfinden zusammenhänge, und 
sie hätten sich danach gerichtet. 
19. Mai. (Pester Ausstellung.) Der Wiener Magistrat 
und Gemeinderat statten in corpore der ungarischen Landesaus- 
stellung in Pest einen Besuch ab und werden von den Pester Stadt- 
behörden feierlich empfangen. ( " 
Dem Besuch wird allseitig politische Bedeutung beigemessen; die beider- 
 
	        
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