Bie Gesterreichisc= Angerische Monarchie. (Juli 9.) 209
dem ungarischen Vaterlande — wenn auch nicht der heimatlichen Scholle —
vollends entfremdet. So kehren Theologen und Lehramtskandidaten gegebenen
Falles mit Tendenzen und Ansichten saturiert zurück, welche zu dem Staats-
interesse im schroffsten Gegensatze stehen und der Antipathie, die in gewissen
Kreisen den Institutionen und der Entwicklung des modernen ungarischen
Staates überhaupt entgegengebracht wird, immer neue Nahrung bieten. Von
dieser Gesinnung aber bis zum Konflikt mit dem Gesetz, dessen Ahndung
nicht ausbleiben kann, ist's nur ein Schritt. Kein Wunder, daß in diesem
Geiste erzogene Männer weder geneigt noch geeignet sind, der neuen Genera-
tion mit gutem Beispiel voranzugehen, sondern daß sie die ihren Händen
anvertrauten Jünglinge in demselben exklusiven und feindseligen Geiste er-
ziehen. Niemand kann den tiefen Einfluß des Studiums an jenen hohen
Schulen der Wissenschaft, an denen die bedeutendsten und berühmtesten Lehrer
unserer Zeit im großen Kreise wißbegieriger Schüler wirken, höher schätzen,
als ich. Seit Jahren sende ich tüchtige junge Männer von höherem daeen,
schaftlichen Streben zum Behufe ihrer höheren fachmännischrn Ausbildung
an ausländische Universitäten. Nur soll dies eben nicht einen Anfang, son-
dern einen Abschluß bilden; die tüchtigsten jungen Kräfte sollen erst nach
Erlangung der grundlegenden Fachkenntnisse hervorragende ausländische Hoch-
schulen beziehen, um an denselben die höhere fachmännische Bildung zu ge-
winnen. Einerseits bietet die Vorbildung, welche sie mitbringen, wie auch
das reifere Alter eine gewisse Garantie für das verständnisvollere und frucht-
barere Studium, für die intensivere Benützung der gebotenen Arbeitszeit,
andrerseits läßt sich annehmen, daß dieselben Umstände auch auf die Bildung
der Meinungen und Uberzeugungen im ganzen einen günstigen Einfluß üben
und die Empfänglichkeit für gewisse politische Velleitäten wesentlich ver-
mindern werden. Es ist demnach in jeder Hinsicht wünschenswert, daß auch
jene siebenbürgisch-sächsischen Jünglinge, welche sich einem, gelehrte Bildung
erfordernden Berufe widmen, die Grundlage ihrer fachwissenschaftlichen Bil-
dung vorwiegend auf vaterländischem Boden erwerben, und erst nach Er-
langung der grundlegenden Kenntnisse und in reiferem Alter zum Behufe
ihrer höheren fachmännischen Ausbildung an ausländische Hochschulen ge-
sandt werden. Darauf bezieht sich der zeitgemäße Rat, welchen ich den-
jenigen, die auf das autonome Kirchen= und Schulwesen der siebenbürgisch-
sächsicchen Bevölkerung Einfluß üben, erteilen möchte. Errichten sie eine
theologisch-philosophische Akademie, an welcher Theologen und Lehramts-
kandidaten die erforderlichen Fachkurse absolvieren und die grundlegenden
Kenntnisse erwerben könnten. Diese Anstalt möge sich zur Aufgabe machen,
die ihr anvertrauten Jünglinge sowohl im modernen wissenschaftlichen Geiste,
als auch im Geiste der Verfassung, im staatslreuen, patriotischen Geiste für
ihren künftigen Beruf heranzubilden. Die zu einem solchen Unternehmen
erforderlichen materiellen Mittel sind allerdings nicht allzu leicht herbeizu-
schaffen. Allein Sie unterhalten zur Zeit eine Realschule aus den Fonds
der sächsischen Universität; diese Fonds ließen sich nun zur Errichtung einer
auch vom konfessionellen Gesichtspunkte viel wichtigeren Anstalt, einer thea-
logisch-philosophischen Akademie verwenden. Falls diese Fonds nicht hin-
reichen sollten, würde die Ergänzung derselben sich unschwer bewerkstelligen
lassen. Die Errichtung dieser Anstalt würde den Verzicht auf die Realschule
nicht involvieren. Wofern Sie nämlich die Erhaltung dieser Schule mit
Rücksicht auf die lokalen Verhältnisse für wünschenswert und durch die bis-
herige Wirksamkeit derselben indiziert halten, wäre ich nicht abgeneigt, diesem
Bedürfnisse durch Intervention des Staates, respektive durch Errichtung einer
staatlichen Realschule Rechnung zu tragen. Wenn Ew. Hochwürden in
Ihrem Wirkungskreise die Errichtung einer theologisch-philosophischen Lehr-