Bie Gesterreichisg-Augarische Monarchie. (August 27.) 213
irgend welchen förmlichen Abmachungen sei es nicht gekommen. Die Ab-
wesenheit des deutschen Kaisers oder eines Vertreters des deutschen Auswär-
tigen Amts wird mit dem Hinweis auf die vorhergehende Zusammenkunft der
Kaiser in Gastein (7. August), sowie den Besuch des Grafen Kalnoky bei dem
deutschen Reichskanzler in Varzin (12.— 16. August) als bedeutungslos hinge-
stellt. Nach der Wiener „Neuen Freien Presse“ haben die beiden Kaiser dieser
Auffassung sogar durch ein gemeinschaftliches Telegramm an den Deutschen Kaiser
Ausdruck gegeben, in welchem sie denselben herzlichst begrüßten und dem Gedanken
Ausdruck gaben, die beiden Kaiser betrachteten ihn als im Geiste anwesend.
Die ungarische Regierungspresse sucht die politische Bedeutung des
Ereignisses möglichst abzuschwächen, da in Ungarn ein intimes Verhältnis
zu Rußland wenig Sympathie findet. Die ungarische Oppositionspresse be-
fürchtet von der Annäherung an Rußland eine Stärkung der Slaven in
Oesterreich und damit eine Gefährdung des Dualismus. Umgekehrt bekämpft
die russische panflavistische Presse die Politik des Zusammengehens mit den
deutschen Kaisermächten, weil der Einfluß der deutschen Mächte die Interessen
des Panslavismus gefährde.
Über die Abwesenheit Tisza's bei der Kaiserzusammenkunft schreibt
das „Wiener Fremdenblatt“ in einer aus Pest vom 18. August datierten
offiziösen Mitteilung: #
„Der Umstand, daß der ungarische Ministerpräsident, Herr v. Tisza,
sich nicht in Begleitung Sr. Majestät des Kaisers Franz Josef anläßlich
seiner Begegnung mit Sr. Majestät dem Kaiser Alexander III. befinden
wird, ist vielfach kommentiert und zum Teile zu persönlichen Angriffen gegen
die Person des Herrn v. Tisza ausgebeutet worden. Dem gegenüber sei be-
tont, daß die Anwesenheit des ungarischen Ministerpräsidenten bei der bevor-
stehenden Monarchen-Entrevue in keiner Weise notwendig erscheint. Man
darf vollständig überzeugt sein, daß in Kremsier meritorische Abmachungen
oder Anderungen der bisherigen politischen Richtung nicht erfolgen werden.
Denn, wenn dies in den Rahmen dieser Zusammenkunft fiele, so müßte Herr
v. Tisza hiervon Kenntnis haben, und er würde es dann selbstverständlich
als seine Pflicht ansehen, dort zu erscheinen, wo die Interessen der Monarchie
und Ungarns besprochen werden. Es läßt sich versichern, daß Herr v. Tisza,
ehe er nach Ostende ging, von maßgebender Seite die Vergewisserung erhielt,
daß die großen Fragen der Politik in Kremsier nicht werden berührt werden.
Bei diesem Anlasse sei auch bemerkt, daß Herr v. Tisza vor Antritt seiner
Erholungsreise mit dem Minister des Außern, Grafen Kalnoky, eine Unter-
redung hatte, in welcher alles, was eine Besprechung erheischte, besprochen
wurde. Zum Schlusse sei versichert, daß auch in den Konferenzen des Grafen
Kalnoky mit Fürsten Bismarck in Varzin gewiß keine meritorischen Fest-
stellungen erfolgt sein dürften."
27. August. (Kroatien.) Zusammentritt der Regnikolar-
Deputation.
Die Deputation beschließt an Stelle des zurückgetretenen Präsidenten
Krestic einen neuen Präsidenten nicht zu wählen, sondern die Leitung dem
Alterspräsidenten Bukotinovic zu überlassen, und acceptiert als Grundlage der
Verhandlungen von den drei vorliegenden Entwürfen denjenigen des Baron
Zivkovic, welcher die weitestgehenden Forderungen in betreff der staatlichen
Selbständigkeit Kroatiens gegenüber Ungarn aufstellt. Baron Zidkovic negiert,
in diesem Elaborate die staatsrechtliche Einheit der Länder der Stephans-
krone. Er kennt keine Einheit, sondern nur eine Gemeinsamkeit zwischen
Ungarn, Kroatien und Slawonien. Er negiert, daß Kroatien und Slawonien
nur mit autonomen Rechten ausgestattete Königreiche seien, und betrachtet