Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

Bie Gesterreichis-Augarische Mosarchie. (Septbr. 26.) 217 
— die Dauer der nunmehr eröffneten Session hindurch — gedeihlich und 
erfolgreich entfalten werde, zum Heile Osterreichs und seiner Völker. In 
dieser Hoffnung bestärkt mich die Fülle dynastischer und patriotischer Hul- 
digungen, die mir während meiner in den letzten Jahren unternommenen 
Reisen von allen meinen Völkern in einträchtigem Wetteifer dargebracht 
wurden. Dankbaren Herzens gedenke ich all' dieser, die Macht des österrei- 
chischen Staatsbewußtseins bezeugenden Kundgebungen. Es wird an Sie in 
der neuen Session die Lösung wichtiger Aufgaben herantreten. Die Zeit, 
für welche durch Vereinbarung mit dem Reichstage der Länder der unga- 
rischen Krone die Beitragsleistung zur Deckung der Bedürfnisse des gemein- 
samen Haushaltes der Monarchie festgestellt wurde, nähert sich dem Ende. 
Sie werden sich mit einer neuerlichen Vereinbarung, sowie mit der Frage 
des im Jahre 1878 mit meiner Regierung der Länder der ungarischen Krone 
neu zu Stande gekommenen Zoll= und Handelsbündnisses zu befassen haben. 
Diese für die ökonomischen Verhältnisse beider Teile der Monarchie so wich- 
tigen Angelegenheiten werden Sie reiflich prüfen und im Geiste der Gerech- 
tigkeit und Billigkeit erledigen. Um der Notwendigkeit der Vervollständigung 
des Wehrsystems der Monarchie gerecht zu werden, wird Ihrer Beschluß- 
fassung der Entwurf eines Landsturmgesetzes vorgelegt werden. Diese In- 
stitution wird, ohne der Bevölkerung im Frieden Opfer aufzuerlegen, die für 
den Fall ernster Ereignisse verfügbaren Streitkräfte — den spystemisierten 
Aufgeboten anderer Mächte entsprechend — gestalten und dadurch die Ver- 
teidigungsfähigkeit und Machtstellung des Reiches dauernd erhöhen. Die Ver- 
sorgung der Witwen und Waisen von Militärpersonen soll durch ein Gesetz 
der definitiven Regelung zugeführt und damit einem tief empfundenen Be- 
dürfnisse Rechnung getragen werden. Bei der Sorgfalt für die Pflege all- 
gemeiner und berufsmäßiger Bildung werden Sie meine Regierung in ihrem, 
durch die richtige Würdigung der Erfahrungen hervorgerufenen Bestreben 
unterstützen, die so überaus zahlreich den Mittelschulen zuströmende Jugend 
mehr jenen gewerblichen Lehranstalten zuzuleiten, welche bestimmt sind, zur 
Hebung der Industrie beizutragen. Meine Regierung wird Ihnen eine Vor- 
lage, betreffend Anderungen des Zolltarifs übergeben, welche eine Verbesse- 
rung der Lage der Industrie und der Landwirtschaft auf dem heimischen 
Markte herbeizuführen bestimmt ist. Auch wird meine Regierung beim Ab- 
schlusse von Handelsverträgen bemüht sein, für die auf den Export angewie- 
senen Produktionszweige die ausländischen Absatzgebiete zu erhalten und 
thunlichst zu erweitern. Im Einklange mit den handelspolitischen Maß- 
nahmen wird die Staatsverwaltung im Bereiche des Verkehrswesens der 
dringend gebotenen Aufgabe — zur Hebung der produktiven Thätigkeit und 
zum Schutze der heimischen Arbeit mitzuwirken — die vollste Aufmerksam- 
keit zuwenden. In gleicher Weise wird die Regierung, der ein weitverzweigtes, 
wichtige Verkehrsrichtungen beherrschendes Staatsbahnnetz zu Gebote steht, 
diesem mächtigen Förderungsmittel des Nationalwohlstandes ihre angelegent- 
liche Fürsorge widmen. Behufs Erleichterung des Zustandekommens von lo- 
kalen Schienenwegen werden ihnen rechtzeitig die geeigneten Vorlagen über- 
reicht werden. 
Die wiederholten Bemühungen, größere Kodifikationen auf dem Ge- 
biete der Justizgesetzgebung zum Abschlusse zu bringen, werden wieder auf- 
genommen werden, dabei aber sollen jene Verbesserungen bestehender Gesetze. 
die sich als dringend erweisen, keine Verzögerung erleiden. Im Vorjahre 
haben anarchistischen Motiven entstammende Verbrechen die Verhängung von 
Ausnahmemaßregeln in einzelnen Gerichtssprengeln notwendig gemacht. Um 
den zu Tage tretenden Umsturzbestrebungen wirksam zu begegnen und hier- 
nach die vorerwähnten Ausnahmsmaßregeln außer Kraft setzen zu können, 
 
	        
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