Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

242 Großbritannien. (Januar 21.—28.) 
21. Januar. (Fidschi.) Die Veröffentlichung des deutschen 
Weißbuchs über Fidschi 
erregt in der englischen Presse einen Sturm der Entrüstung gegen die 
auswärtige Politik des Ministeriums. 
„Pall Mall Gazette"“ schreibt, „dasselbe scheine eine neue schöne Illu- 
stration zu der großen und bereits ganz heimisch gewordenen Trilogie eng- 
lischer Diplomatenkunst: Zeitvergeudung, Trotz, Unterwerfung. „Erst ver- 
zögerten wir ein Eingehen auf die deutschen Beschwerden ein Jahr um das 
andere, dann, als Fürst Bismarck ernsthafter auf eine Beilegung der von 
deutschen Unterthanen erhobenen Beschwerden durch eine gemischte Kommission 
drang, gaben wir eine kurzweg abschlägige Antwort; zuletzt, als der Kanzler 
die Zähne zeigte, gaben wir demütig nach.“ 
Ahnlich äußern sich die „Times“, „St. James Gazette“, „Stan- 
dard“ u. a. 
24. Januar. Dynamit-Explosionen im Parlamentsgebäude 
und im Tower. 
24 Menschen werden verletzt. Der Sitzungssaal des Unterhauses wird 
stark demoliert. Das Ereignis erregt eine außerordentliche Panik. Verschie- 
dene Blätter empfehlen die Abschließung von Auslieferungsverträgen mit den 
Regierungen des Festlandes. 
Die Thäter, zwei Irländer, werden am 18. Mai zu lebenslänglicher 
Zwangearbeit verurteilt. 
26. Januar. (Sudan.) Karthum wird durch Verrat ge- 
nommen, Gordon getötet. 
General Wilson, welcher am 28. Januar vor Karthum eintrifft, 
findet den Platz vom Feinde besetzt und zieht sich auf den Nil zurück, stran- 
det mit beiden Dampfern in der Nähe des Katarakts von Schabluka, retter 
sich mit seinen Mannschaften auf eine Nilinsel, von wo er durch einen zu 
seinem Entsatz geschickten Dampfer abgeholt und zu dem Gros der Truppen 
zurückgebracht wird. 
28. Januar. (Afghanistan.) Die russische Regierung schlägt 
in London vor, die russisch-afghanische Grenze durch direkte Ver- 
handlungen von Kabinet zu Kabinet festzustellen. (St. A. 45, 8671.) 
Die bisherigen Vorschläge Rußlands gingen dahin, eine Zone zu ver- 
einbaren, innerhalb welcher die von beiden Regierungen zu entsendenden 
Kommissare an Ort und Stelle die Grenze festsetzen sollten. England hatte 
jedoch nur die nördliche Linie dieser Zone (von Dowlet-Abat am Heri-Rud 
in gerader Richtung nach Khodscha-Saleh am Amu-Deria laufend) acceptiert; 
die südliche Linie aber, welche den unmittelbar über Herat gelegene Höhen- 
zügen folgen sollte, abgelehnt. Die nunmehr von Rußland proponierte Grenz- 
linie soll 10½ Kilometer südlich von Zulfikar am Heri-Rud beginnen, 
Kehris-Elias und Kehris-Sumo berühren, die Höhenzüge des rechten Kuschk- 
ufers verfolgen, ein wenig nördlich von Merutschek den Murghab überschrei— 
ten, die Höhenzüge verfolgen, welche das Thal des Kaisor im Norden und 
das Thal des Sangalak im Westen begrenzen und bei Kodscha-Saleh den 
Amu Deria erreichen. 
Diese Linie nähert sich Herat auf 110 Kilometer und weist Zulfikar, 
Akrobat und Penschdeh den Russen zu, während Merutschek, Maimene und 
Andkhoi Asghanistan verbleiben.
	        
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