Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

Eroßbritannien. (Februar 22.—25.) 245 
22. Februar. (Afghanistan.) Lumsden meldet die Besetzung 
von Ak-Robat, Pul-i-Khisti und des Zulfikarpasses durch die Russen. 
Auf die Vorstellungen der englischen Regierung rechtfertigt der rus- 
sische Minister des Auswärtigen das Vorrücken der russischen Truppen mit 
den Vorwärtsbewegungen der Afghanen. (St. A. 45, 8672.) 
25. Februar. (Kamerun, Neu-Guinea.) Dem Parlament 
werden die Verhandlungen mit Deutschland über Kamerun und 
Neu-Guinea vorgelegt. (St. A. 44, 8510—8539 und 8430 ff.) 
Das Blaubuch über Kamerun umfaßt die Zeit vom 7. August 1879 
bis zum 21. Februar 1885. Es beginnt mit einem Schreiben von Kamerun= 
Häuptlingen, welche um Erklärung des englischen Protektorats bitten, eine 
Bitte die bis zum Jahre 1883 verschiedentlich wiederholt wird. Am 29. No- 
vember 1883 teilt das Auswärtige Amt dem Kolonialamt mit, daß die Ein- 
verleibung von Kamerun beschlossen sei. Am 13. April 1884 teilt der 
deutsche Geschäftsträger in London (Graf nitmn Lord Granville mit, daß 
der Generalkonsul Dr. Nachtigall beauftragt sei die Westküste von Afrika zu 
besuchen, um die im Besitz des deutschen auswärtigen Amtes befindlichen In- 
fomationen über die Lage des deutschen Handels zu vervollständigen „und 
Verhandlungen zu führen, die sich auf gewisse andere Fragen beziehen.“ Am 
10. Mai wurde der Konsul Hewett angewiesen sofort nach Afrika zurück- 
zukehren und verschiedene Territorien am Busen von Guinea zu annektieren; 
dem Wunsch der Häuptlinge solle jedoch zur Zeit noch nicht gewillfahrt 
werden, dieselben sollen nur veranlaßt werden sich zur jederzeitigen Abtretung 
ihres Landes bereit zu erklären. Am 28. Juli meldete Konsul Hewett, daß 
die Annexion von Viktoria am 19. Juli stattgefunden habe. 
Am 23. August teilte Lord Granville der deutschen Regierung mit, 
daß Konsul Hewett, der seit dem Mai von der Küste abwesend war, Auf- 
trag erhalten habe, die von den Häuptlingen angetragene Zession anzunehmen. 
Ein Schreiben gleichen Inhalts wurde nach Paris geschickt. Aber schon einen 
Monat vorher hate Dr. Nachtigall von dem Distrikte im Namen des deut- 
schen Reiches Besitz ergriffen und die deutsche Flagge aufgezogen. Earl Gran- 
ville will erst am 29. August von dieser Thatsache Kenntnis erhalten haben, 
eine Woche nachdem er der französischen und der deutschen Regierung mit- 
teilte, daß der Kamerundistrikt unter dem Protektorat Englands stehe. 
In dem Schreiben, das Lord Granville am 29. August erhielt, be- 
fand sich eine Einlage vom Kapitan des „Opal“, Brooke, der die Kamerun- 
häuptlinge frug, nachdem er von ihrem Abschluß mit dem deutschen Konful 
gehört hatte, warum sie das gethan hätten nach Absendung ihrer Briefe an 
die Königin. Die Häuptlinge antworteten, sie hätten monatelang auf eine 
Antwort gewartet, aber da * fanden, daß nichts käme und sie Bedürfnis 
nach Rum und Tabak empfänden, hätten sie schließlich ihr Land den Deutschen 
gegeben und seien ganz davon befriedigt. Diese Beschwerde widerholt King 
Bell in einem Schreiben an Lord Derby, in dem es heißt, er habe nun 
wiederholt während 5 Jahre geschrieben, und sei verzweifelt, da er auf keinen 
Brief eine Antwort bekommen habe. Das habe ihn bewogen, das Anerbieten 
der deutschen Regierung betreffend die Annexion zu acceptieren; hätte er nur 
eine Antwort bekommen, so würde er schon eher auf das Belieben der eng- 
lischen Regierung gewartet haben. Aus dem Schweigen aber habe er ge- 
schlossen, daß weder die Konsuln noch die Regierung sich um sein Land 
irgend kümmerten. Der Brief endigt mit den Worten: „Es wäre mir sehr 
angenehm, aus einer Antwort zu ersehen, ob Sie diesen oder irgend einen 
meiner Briefe bekommen haben.“
	        
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