246 Großbrilaunien. (Februar 26. —27.)
Am 1. Dezember bemerkte Fürst Bismarck im Laufe einer Unter-
haltung mit Sir E. Malet, daß wenn die Mitteilung richtig wäre, England
umgebe Kamerun fortwährend mit neuen Annektionen, er dies als eine höchst
uUnfreundliche Handlungsweise betrachten müsse. Einige Tage später beschwerte
sich auch Graf Münster über das Verhalten der englischen Regierung in Be-
zug auf diesen Distrikt. Graf Münster bewerkte, daß der Kolonialbesitz
Großbritanniens so enorm wäre, daß keine deutsche Ansiedlung ihm jemals
schaden könne; die öffentliche Meinung nehme großen Anteil an der Kolo-
nialfrage und er hoffe, England würde sich freundlich gegen Deutschland er-
weisen, wie sich Deutschland bei früheren Vorgängen freundlich gegen Eng-
land bezüglich Aegyptens benommen habe.
Granville stellt in Abrede, daß das Bestreben der englischen Regie-
rung dahin gehe die deutschen Kolonien einzuschließen. Das Blaubuch schließt
mit den Beschwerden der deutschen Regierung über das Verhalten der eng-
lischen Beamten gegenüber den Eingeborenen in den deutschen Schutzgebieten
und der Rechtfertigung derselben durch das englische Ministerium. (Vgl.
unter deutsches Reich 5. und 21. Februar.)
Das Blaubuch über Neu-Guinea beginnt mit einem Schriftwechsel
zwischen dem englischen Auswärtigen Amt und dem Kolonialamt, in welchem
Lord Granville erklärt, er hege keine Besorgnisse, daß eine fremde Macht in
der Südsee Erwerbungen zu machen beabsichtige. Es folgen dann die Akten-
stücke über die Verhandlungen mit Deutschland, welche im wesentlichen be-
reits durch das deutsche Weißbuch bekannt geworden sind. (Vgl. Gesch.Kl.
1884 S. 446.)
Ein drittes Blaubuch bringt die Aufzeichnungen des Unterstaats-
sekretärs Meade über seine Unterredungen mit Bismarck und Busch im De-
zember 1884 (St A. 44, 8540—8544).
26. Februar. (Allianz mit Italien.) Gladstone erklärt
im Unterhaus, daß zwischen Italien und England die besten, herz-
lichsten Beziehungen, aber keine Allianz und kein Projekt militäri-
scher Kooperation im Sudan bestände. .
27. Februar. (Tadelsvotum; Bismarcks ägyptische
Politik.) Abstimmung über das in beiden Häusern eingebrachte
Tadelsvotum wegen der ägyptischen Politik der Regierung.
Das von Northcote im Unterhaus beantragte Tadelsvotum wird mit
302 gegen 288 Stimmen abgelehnt; mit der Minorität stimmen 44 Par-
nelliten und 12 Liberale, 14 Liberale enthalten sich der Abstimmung. Das
Oberhaus nimmt das von Salisbury beantragte Tadelsvotum mit 189 gegen
68 Stimmen an.
Im Oberhaus berührt die Debatte die ägyptische Politik des
deutschen Reichskanzlers:
Lord Granville erwiedert auf eine Rede des Herzogs von Richmond:
Der edle Herzog kam auf Berlin zu sprechen und führte Außerungen des
Fürsten Bismarck an, welche mit Bezug auf die ägyptische Politik der Regie-
rung einen unfreundlichen Charakter tragen. Fürst Bismark ist einer der
bemerkenswertesten Männer unserer Zeit, ein Mann von großer Geschicklich-
keit, starkem Willen und starkem allseitigem Intellekt. Er ist ein Mann,
dessen Freundschaft gewünscht und dessen Feindschaft gemieden zu werden
verdient. Er hat jenem großen Lande, Deutschland, außergewöhnliche Dienste
erzeigt, er hat es geeinigt und die Dankbarkeit für ihn dieses Werkes halber
ist so groß, daß er unumschränkte Macht mit Bezug auf die auswärtigen