Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

Großbritannien. (März 13.—17.) 251 
Nach englischer Auffassung läuft die afghanische Grenze von Shir 
Tepe am Heri-Rud über Sari Yasi am Murghab nach Khodscha Saleh am 
Amu Deria. Granville erklärt, daß die englische Regierung bereit sei, die 
von den beiderseitigen Regierungen vorgeschlagenen Grenzlinien als die nörd- 
liche resp. südliche Grenze der Zone zu betrachten, innerhalb welcher die 
Kommissare an Ort und Stelle die Grenze festsetzen sollen. 
13. März. (Afghanistan.) Gladstone behauptet im Unter- 
haus, daß mit der russischen Regierung ein Abkommen getroffen sei, 
nach welchem die russischen und afghanischen Truppen innerhalb des 
streitigen Gebiets keine Vorwärtsbewegungen machen sollten. 
Am 14. März läßt Granville durch den englischen Botschafter bei 
der russischen Regierung anfragen, ob Rußland die bisherigen Verhandlungen 
als ein bindendes Arrangement in dem von Gladstone angegebenen Sinn 
ansehe (St A. 45, 8676). 
Der russische Minister antwortet am 16. März, daß die russischen 
Truppen über ihre gegenwärtigen Stellungen nicht hinausgehen würden, 
vorausgesetzt, daß die Afghanen nicht vorrückten oder sie angriffen und falls 
sich nicht ein besonderer Zwischenfall, wie Unruhen in Penschdeh, ereignen 
sollte. Der Kaiser billigt am folgenden Tage diese Erklärungen (St A. 45, 
8677, 8678). - 
14. März. (Agypten.) Zebehr Pascha wird mit seinen 
Söhnen von den Engländern verhaftet und auf einem englischen 
Kriegsschiff nach Gibraltar gebracht. 
Granville erklärt im Oberhause die Verhaftung sei auf eigene Ver- 
antwortung Englands nach einem „Meinungsaustausch“" mit dem Khedive 
erfolgt; seine Papiere seien beschlagnahmt, es handle sich dabei um eine 
notwendige militärische Maßregel. Nach der „Pall Mall Gazette“ soll der 
Meinungsaustausch darin bestanden haben, daß die ägyptische Regierung sich 
weigerte dem Ersuchen Englands Zebehr zu verhaften nachzukommen. Die 
Verhaftung erfolgt im Hause eines französischen Unterthanen. 
16. März. (Afghanistan.) Angebliches Abkommen mit 
Rußland (siehe 13. Märzy. 
17. März. Unterzeichnung der ägyptischen Finanzkon= 
vention. (St. A. 46, 8757. 8758.) 
Das Abkommen besteht aus einer von den Großmächten und der 
Türkei unterzeichneten „Deklaration“", welche drei Punkte enthält: 1. Der 
Sultan ermächtigt den Khedive eine Anleihe bis zum Betrage von 9 Mil- 
lionen Pfd. Sterl. aufzunehmen. 2. Die Großmächte verpflichten sich eine 
Konvention in betreff der Garantie der Anleihe zu unterzeichnen und das 
vom Khedive zu erlassende Dekret betr. die Anleihe als ein für die inter- 
nationalen Gerichtshöfe bindendes Gesetz anzuerkennen; ferner erklären sie sich 
mit der Besteuerung der Ausländer in Aegypten einverstanden. 3. Sämt- 
liche Mächte vereinbaren, daß am 30. März in Paris eine Kommission zur 
Ausarbeitung einer Ubereinkunft, betr. die freie Schiffahrt auf dem Suez- 
kanal auf Grund des englischen Rundschreibens vom 3. Januar 1883 (StA. 
42, 8079) zusammentreten soll. 
Die Konvention sowie der Dekrets-Entwurf regeln die Bedingungen 
der Anleihe. Die Mächte garantieren die Zinsen der Anleihe im Betrage 
von 315.0000 Pfd. Sterl.; die Zinsen werden von den für die privilegierte 
Europ. Geschichtskalender. XXVI. Bd. 17
	        
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