270 Grofbritannies. (Juni 23. — Juli 1.)
stehen, eingeräumt werden, und zweitens solle, wenn das Haus keine andere
Fürsorge zur Deckung der vorgelegten Voranschläge und der genehmigten
Kredite treffe, Fürsorge für die Emission von Schatzbonds in Höhe des er-
forderlichen Betrages getroffen werde. Gladstone weigert sich jedoch, be-
stimmte Zusagen zu machen, beschränkt sich vielmehr nach mehrtägigen brief-
lichen Verhandlungen, welche in der Sitzung des Unterhauses vom 24. Juni
von Gladstone verlesen werden, darauf zu erklären daß Erleichterungen für
die Beschleunigung der Geldbewilligungen vernünftigerweise gewährt werden
dürften, und daß kein Versuch gemacht werden würde, die für den Staats-
dienst erforderlichen Mittel zu verweigern. Auch innerhalb der Konservation
waren Meinungsverschiedenheiten über die Verteilung der Amter zu überwinden:
Die Führung im Unterhause wäre an sich Northcote zugekommen. Churchill
und Hicks-Beach verlangen jedoch diese wichtige Funktion für den letzteren. In-
folgedessen wird Northcote als Lord Iddesleigh in das Oberhaus versetzt.
26. Juni. (Sudan.) Der Kriegsminister Smith ordnet die
einstweilige Einstellung des Rückzuges von Dongola an. Das Mini-
sterium beschließt jedoch am 1. Juli die Fortsetzung der Räumung,
da sowohl Wolseley als Buller auf telegraphische Anfrage die Wieder-
besetzung für äußerst schwierig erklären. «
Ende Juni. (Irland.) Der Papst ernennt den von den
Parnelliten vorgeschlagenen Dr. Walsh zum Bischof von Dublin.
Die „Kölnische Zeitung“ schreibt über diese Ernennung:
Der Sieg der Parnelliten im Vatikan wird dem Standard aus Rom
gemeldet. Parnell hat bei Leo Xlll. seinen Kandidaten für das erledigte Erzbis-
tum Dublin durchgesetzt; es ist Dr. Walsh, der Vorsteher des Priesterseminars
in Maynooth. Die Wahl ist um so überraschender, als schon der Kandidat
der englischen Regierung, Dr. Moran aus Sydney, gewählt worden war.
Derselbe ist am 5. ds. von Australien abgereist und wird am 22. Juli in
Rom erwartet. Der Papst gedenkt ihn für die Enttäuschung, die ihm be-
vorsteht, durch den Kardinalshut zu entschädigen. Es ist kaum zu bezweifeln,
daß der plötzliche Umschwung in den Absichten des Papstes mit dem Kabi-
netswechsel in England zusammenhängt. Lord Salisbury würde die Ver-
bindung mit dem Papste, wie sie Gladstone durch Errington unterhielt,
schwerlich fortgesetzt haben. Was aber den Papst am meisten veranlaßt
haben mag, mit den Parnelliten Frieden zu schließen, war das voraussicht-
liche Bestreben, bei den Parlamentsparteien in England, den Liberalen
wohl wie den Konservativen, Irland im Sinne der Nationalpartei zu re-
gieren. Er sah auf der einen Seite Chamberlain und Dilke und auf der
andern Churchill um die Gunst der Parnelliten bemüht und da diesen und
ihren Gefolgschaften doch die Zukunft angehört, konnte der Papst unmöglich
englischer sein als die Engländer selbst und wandte sich daher gleichfalls
den Parnelliten zu. Das ist vorläufig die einzig mögliche Erklärung der
vatikanischen Politik.
1. Juli. (Afghanistan.) Wiedereröffnung der Verhand-
lungen seitens des neuen Ministeriums.
Salisbury erklärt, daß für England nicht die strategische Wichtigkeit
des Zulfikarpasses — des einzigen noch streitigen Punktes — sondern der
Umstand entscheidend sei, daß England dem Emir den vollen Besitz des Passes
garantiert habe. Von diesem Versprechen könne es unter keinen Umständen
abgehen (St A. 46, 8710).