Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

Großbrütsnnien. (Juli 7.—9.) 273 
ungen zu zahlen und den Schein eines Defizits in ihren Finanzen zu ver- 
hindern; allein diese Konvention vermochte wegen Schwierigkeiten diploma- 
tischer Natur nicht in Kraft zu treten, und diese Schwierigkeiten find noch 
nicht gelöst, obwohl sie sich auf dem Wege zur Löfung befinden; die Finanz- 
lage Agyptens ist demnach nicht weniger Verlegenheiten bereitend und nicht. 
weniger ein Hindernis für jeden möglichen Fortschritt in diesem Lande, als 
sie dies vorher gewesen. Die Finanzfrage ist wirklich eine von erster Wich- 
tigkeit; so lange sie nicht gelöst ist, kann nichts gethan werden, und wenn 
diese Schwierigkeiten nicht beseitigt werden können, muß der finanziellen 
Krisis durch Maßregeln der strengsten Sparsamkeit ein Ziel gesetzt werden; 
aber in einer Hinsicht oder der andern kann nichts gethan werden, bis eine 
befriedigende Bllanz in Agypten hergestellt worden ist. Zuvörderst muß die 
Grenze gegen die barbarischen Feinde sichergestellt werden, welche so viele 
Vorteile auf unsere Kosten gewonnen haben. Sodann müssen die politischen 
Beziehungen Agyptens mit den großen Territorien, welche der Schauplatz so 
vieler beklagenswerter Ereignisse gewesen sind, festgestellt werden, und nach 
Lösung aller dieser Fragen und nicht eher werden unsere internationalen Be- 
ziehungen im Zusammenhange mit einer Gruppe sehr ernster Fragen ent- 
stehen, welche der Lösung bedürfen, aber welche gegenwärtig nicht akut auf 
eine Lösung dringen. Wir können unmöglich Agypten in die Lage zurück- 
versetzen, in der es sich vor der Landung unserer Truppen befand. Anderer- 
seits würde England sich mit Schmach bedecken, wenn es Agypten seinem 
Schicksal überließe und der Anarchie und dem Chaos, welches folgen würde, 
preisgäbe. Wir haben es glücklicherweise mit einem Khedive zu thun, der 
während dieser ganzen beklagenswerten Geschichte England treu geblieben ist 
und den wir demnach durch jede Rücksicht der Ehre zu unterstützen ver- 
pflichtet sind." 
Bezüglich der innern Politik erklärt Lord Salisbury, daß die Regie- 
rung, abgesehen von der irischen Frage, nur die dringend erforderlichen 
Maßnahmen ergreifen und die Session so bald als möglich zum Abschluß 
bringen werde. 
Der Vizekönig von Irland, Lord Carnarvon, legt die Politik der 
Regierung bezüglich Irlands dar. Derselbe erklärt, die Regierung sei ent- 
schlossen, eine Erneuerung der Ausnahmegesetze für Irland nicht zu ver- 
langen; sie wolle vielmehr die Regierung Irlands streng nach den gewöhn- 
lichen Gesetzen führen. 
7. Juli. (Unterhaus: Bradlaugh.) Unterhaus nimmt 
mit 263 gegen 219 Stimmen den von Gladstone bekämpften An- 
trag Hicks-Beachs auf Ausschließung Bradlaughs von der Eides- 
leistung und von der Kammer an. 
9. Juli. (Afghanistan.) Rußland beharrt vorbehaltlich 
erneuter Prüfung an Ort und Stelle auf seiner Forderung bezüg- 
lich des Zulfikarpasses (St. A. 46. 8711). . 
Salisbury verweigert die von Rußland beantragte Fortsetzung der 
Verhandlungen über die anderweitigen Grenzpunkte bis zur Entscheidung der 
Zulfikarfrage. 
9. Juli. Finanz-Programm des neuen Ministeriums: 
Das von dem Schatzkanzler Licks-Beach vorgelegte Budget unterscheidet 
sich von dem Budget des frühern Schatzkanzlers Childers hauptsächlich durch 
das Fehlen der Bier= und Schnapssteuer, welche den Fall des Gladstone'schen
	        
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