Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

288 Frankreich. (März 5.17.) 
5. März. (Getreidezölle.) Kammer: nimmt die Getreide- 
zoll-Novelle mit 264 gegen 150 Stimmen in dritter Lesung an. 
Es sollen erhoben werden: von Weizen, Spelz und Mengkorn, von 
europäischer Herkunft oder aus einem außereuropäischen Lande direkt einge- 
führt, Fr. 3, von außereuropäischem, indirekt eingeführtem aber Fr. 6.60, 
von Mehl Fr. 6 bezw. 9.60, von Roggen und Gerste Fr. 1.50 bezw. Fr. 5. 10, 
von Hafer ebenfalls Fr. 1.50 bezw. Fr. 5.10, alles per 100 Kilo. Wäh- 
rend der Zeit von 14 Tagen nach Promulgation des Gesetzes wird auslän- 
disches Getreide, wenn der Importeur den Nachweis erbringt, daß es vor 
dem 30. Nov. 1884 direkt nach einem französischen Hafen verschifft worden 
ist, zu den Bedingungen der am Tage der Einschiffung in Geltung gewesenen 
Gesetzgebung zugelassen. 
6. März. (Patriotenliga.) Der Abg. Anatole de la Forge 
legt das Präsidium der Patriotenliga nieder, weil er mit der inneren 
Politik Deroulede's nicht einverstanden ist. 
7. März. Währungsdebatte in der Kammer. 
Der Abg. Soubeyran richtet eine Anfrage an die Regierung, ob sie 
die Münzkonferenz, die im Jahre 1881 unter der Form der Vertagung er- 
gebnislos auseinandergegangen war, nicht wieder einberufen wolle. Der 
Finanzminister Tirard erklärt, daß nach den Erfahrungen, die man 1881 
gemacht, von einer Wiedereinberufung einer Konferenz nichts zu erwarten 
sei, namentlich da Deutschland bei seiner Währung beharren wolle; worauf 
dann Soubeyran seine Anfrage zurückzieht. (Vgl. Deutsches Reich, 6. März.) 
8. März. (China.) Einnahme der chinesischen Befestigungen 
bei Kelung nach 4tägigem Kampfe. 
12. März. (Budget.) Kammer: beendigt die Beratung des 
Budgets 1885 und lehnt die vom Senate wiederhergestellten Regie- 
rungs-Positionen größtenteils von neuem ab. 
Das Kultusbudget hat zu einem Konflikt zwischen Deputiertenkammer 
und Senat über die finanziellen Befugnisse des Senats geführt. Der Senat 
hat verschiedene von der Kammer gestrichene Positionen wieder in das Budget 
eingestellt, während in der Kammer vielfach die Ansicht vertreten ist, daß 
der Senat nur Reduktionen im Budget vornehmen, nicht aber neue Kredite 
einstellen oder bestehende erhöhen dürfe. Nach Ansicht des Berichterstatters 
der Budgetkommission, Jules Roche, darf der Senat ein erstes Mal das 
Budget nach Gutdünken amendieren, muß dasselbe aber, wenn es zum zweiten- 
mal aus der Deputiertenkammer an ihn übergeht, so wie es ist ratifizieren. 
Der Konseilpräsident Jules Ferry vertritt die Ansicht, daß verfassungsmäßig 
ein Budget nur durch Übereinstimmung beider Faktoren zu stande kommen 
könne und daß solange unterhandelt werden müsse, bis eine Einigung er- 
zielt sei. Die Kammer beschließt am 9. mit 302 gegen 192 in die Beratung 
der vom Senate beschlossenen Abänderungen des Budgets einzutreten. 
16./17. März. (Biehzölle.) Kammer: nimmt die Viehzölle 
nach der Regierungs-Vorlage mit 279 gegen 188 Stimmen an. 
Die Zölle betragen: für Ochsen 25 Fr., Kühe und Stiere 12 Fr., 
Rinder und junge Kühe 8 Fr., Kälber 4 Fr., Schafe 3 Fr., Lämmer, Ziegen 
1 Fr., Schweine 6 Fr., frisches Fleisch 7 Fr. per 100 Kilogr., gesalzenes 
Fleisch 8 Fr. 50 C.
	        
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