300 Krankreich. (Mai 28. — Juni 8.)
Cournet duldet die Polizei das Entfalten von roten Fahnen. Dieses ver-
schiedene Verfahren wird damit motiviert, daß die Fahnen bei dem Begräb—
nis Cournets Inschriften (die Namen der Vereine) getragen haben.
Der Minister des Innern wird am 26. über diese Vorgänge in der
Kammer interpelliert. Die Kammer lehnt die von Lacroix beantragte Tages-
ordnung: „In Erwägung, daß kein Gesetz die Entfaltung von Fahnen und
Abzeichen auf der Straße verhindert, tadelt die Kammer die begangenen Ge-
waltthätigkeiten,“ mit 423 gegen 44 Stimmen ab und nimmt den Antrag
Périers, zu erklären, daß „die Kammer das Vertrauen zur Regierung habe,
daß dieselbe der Nationalfahne Achtung sichern werde", nachdem derselbe von
der Regierung gutgeheißen, mit 388 gegen 10 Stimmen an. ⁊
28. u. 30. Mai. Interpellation über die Pantheon-
Dekrete.
Die Kammer verwirft den vom Grafen de Mun gestellten Tadelsantrag
wegen der Dekrete betr. die Verweltlichung des Pantheons und der Beisetzung
Viktor Hugo's in demselben, mit 388 gegen 83 Stimmen und nimmt die
Tagesordnung: „Die Kammer billigt vollkommen Wortlaut und Geist des
von der Regierung betreffs der Verweltlichung des Pantheons erlassenen
Dekrets“ mit 338 gegen 90 Stimmen an.
Der Tadelsantrag stützt sich darauf, daß das Dekret vom Dezember
1851, durch welches das Pantheon der Kirche überwiesen wurde, Gesetzeskraft
habe und daher nur durch Gesetz abgeändert werden könne.
Der Senat lehnt am 30. Mai den von Ravignan eingebrachten
Tadelsantrag wegen Entkirchlichung des Pantheons mit 189 gegen 67 Stim-
men ab und nimmt die vom Minister Goblet verlangte einfache Tagesord-
nung mit 192 gegen 78 Stimmen an.
1. Juni. Die Beisetzung der Leiche Viktor Hugo's geht
ohne jede Störung vorüber.
Um Konflikte zwischen Polizei und Sozialisten zu vermeiden, war am
Tage vorher im Journal Officiel bekannt gemacht, daß keine anderen Fahnen
als die nationale oder solche fremder Nationen zugelassen werden würden.
Einige trotz des Verbots getragene rote und schwarze Fahnen werden vor
Beginn der Feier von der Polizei ohne Widerstand konfisziert.
2. Juni. (Rekrutierungsvorlage.) Kammer: nimmt die
Vorlage in zweiter Lesung an.
4. Juni. (Ministeranklage.) Kammer: beschließt mit
280 gegen 153 Stimmen, den Antrag auf Versetzung des Ministe-
riums Ferry in den Anklagestand nicht in Betracht zu ziehen.
8. Juni. (Listenskrutinium.) Kammer: nimmt ohne er-
hebliche Debatte das Listenwahlgesetz in der vom Senat beschlossenen
Fassung mit 393 gegen 86 Stimmen an.
Die vom Senat eingefügte Bestimmung, daß bei Berechnung der jedem
Departement zustehenden Abgeordnetenzahl die Ausländer nicht mitgezählt
werden sollen, wird mit 288 gegen 174 Stimmen angenommen, nachdem
Ministerpräsident Brisson im Interesse des schleunigen Zustandekommens des
Gesetzes sich für die Annahme ausgesprochen.
Nach der efigen Fassung des Gesetzes wird die Zahl der Deputierten
584 betragen. Auf Paris entfallen 38 Abgeordnete.