304 Frankreich. (Juli 1.—18.)
Durch die Ausgabe der Obligationen soll die Aufnahme der notwen-
digen Anleihe bis nach den Wahlen verschoben werden. Die Vorlage wird
von Soubeyran unter Hinweis auf die Gefahr des Anwachsens der schweben-
den Schuld lebhaft bekämpft. Der Finanzminister verteidigt die Vorlage;
sie habe den Vorteil, die schwebende Schuld zu entlasten, die Situation zu
vereinfachen und die Aktionsfreiheit der zukünftigen Kammer zu erhalten.
1. Juli. (Kultusbudget.) Kammer: nimmt den Artikel 1
des Kultusbudgets und damit prinzipiell das ganze Kultusbudget
mit 330 gegen 132 Stimmen an.
Im weiteren Verlauf der Beratung des Kultusbudgets gelingt es dem
Kultusminister Goblet verschiedene von der Kommission gestrichene Positionen
bei der Kammer durchzusetzen: So wird der im vorigen Budget zunächst ge-
strichene dann auf Verlangen des Senats wiederhergestellte Kredit für die
Domherren mit 219 gegen 210 Stimmen angenommen; bei dem Kredit für
die Geistlichen in Algerien, welcher sonst regelmäßig bestritten wurde, wird
eine Erhöhung um 100000 Fr. die in der Kommission fast einstimmig ab-
gelehnt war, mit 246 gegen 215 Stimmen angenommen.
2. Juli. (Anam.) Die anamitischen Truppen (angeblich
30 000 Mann) überfallen in der Nacht die französische 1500 Mann
starke Besatzung der Zitadelle von Hué, werden aber zurückgeworfen
und vollständig aufgelöst.
Es gelingt den Anamiten die von den Franzosen errichteten Kasernen
sowie das Gesandschaftsgebäude in Brand zu stecken und einen großen Teil
der Sachen der Truppen zu vernichten. Der Regent von Anam, Nguyen-
Van-Tuang, welchem die Franzosen die Schuld an dem Uberfall beimessen,
wird gefangen genommen; der (minderjährige) König und seine Mutter ent-
fliehem. Es werden sofort 2000 Mann Marine Infanterie aus Tonkin
nach Hué beordert.
Die Aufständischen, an deren Spitze der Minister Thuyet steht, ziehen
sich in die Citadelle von Camlo zurück.
6. Juli. (China.) Kammer: nimmt den Vertrag von
Tient-Tsin (vom 9. Juni)g fast einstimmig an.
Die Debatte bewegt sich hauptsächlich in Angriffen gegen das ge-
stürzte Ministerium Ferry; dieser selbst ergreift trotz der direkten Heraus-
forderungen der Gegner nicht das Wort.
Während der Beratung teilt der Ministerpräsident Freycinet die über
die Ereignisse in Hus eingelaufenen Telegramme mit. Der Kriegsminister
Campenon sucht die Kammer über die Lage zu beruhigen, Frankreich habe
in Tonkin 35000 Mann, sei also allen Eventualitäten gewachsen. Er ver-
spricht die Kammer über alle Ereignisse wahrheitsgemäß auf dem Laufenden
zu erhalten, eine Mitteilung die mit demonstrativem (gegen Ferry gerichtetem)
Beifall aufgenommen wird.
15. Juli. (Anam.) General Courcy setzt bis zur Rückkehr
des Königs Tuduc den Onkel desselben, Thox-Uan, zum Regenten
ein und bildet einen Regierungsrat aus den den Franzosen ergebe-
nen Ministern und höheren Beamten.
18. Juli. (Zollkonflikt mit Rumänien.) Die Kammer